Menschenrechtsorganisationen: Lage der Gefangenen ist ernst

Die Menschenrechtsorganisationen IHD und TIHV sowie die Ärztekammer und die Gewerkschaft SES warnen vor einer Verschlechterung des Gesundheitszustands der 22 hungerstreikenden Gefangenen im Gefängnis von Şirnex.

Das Büro des Menschenrechtsverein IHD in Şirnex (Şırnak), die Menschenrechtsstiftung der Türkei (TIHV) in Cizîr (Cizre), die Ärztekammer und die Gewerkschaft der Sozial- und Gesundheitsdienste (SES) haben einen Bericht zu den 22 im T-Typ-Gefängnis der Provinzhauptstadt für die Aufhebung der Isolation Abdullah Öcalans hungerstreikenden Gefangenen veröffentlicht. Bei drei der Gefangenen handelt es sich um Frauen.

Körperliche und seelische Schäden

In dem Bericht heißt es: „Der Hungerstreik hat bei den Aktivistinnen und Aktivisten zu ernsthaften körperlichen und seelischen Schäden geführt.“ Dem Bericht ist außerdem ein an den IHD gerichteter Brief von 13 Gefangenen angefügt.

Brief von den Gefangenen

In dem Brief der Gefangenen heißt es unter anderem:

„Unser Recht auf soziale Aktivitäten an zehn Stunden in der Woche wurde von der Gefängnisleitung eingeschränkt. Wir können unsere Freunde in den anderen Zellen nicht einmal eine Minute sehen. Wir sind in unseren Zellen isoliert. Die Behandlung unserer schwer kranken Freunde wird vernachlässigt. Uns wurden unsere im Gefängnis erstandenen Radios, Schals, Schnüre, Waschschüsseln etc. von der Gefängnisleitung weggenommen. Auf den Gängen werden wir entwürdigen Durchsuchungen unterzogen. Gefangene, deren Strafe nur noch weniger als ein Jahr beträgt, werden in ‚parteilich‘ und ‚unparteilich‘ aufgeteilt. Dies widerspricht dem Grundsatz der Gleichbehandlung.“

Außerdem wurden Entscheidungen des Justizministeriums zu Gunsten der Gefangenen nicht umgesetzt.

Treffen mit Gefängnisleitung und Staatsanwaltschaft

Am 9. Mai hat ein Gespräch mit dem zuständigen Staatsanwalt stattgefunden. In dem Bericht heißt es dazu: „Für den Fall, dass die Aktivistinnen und Aktivisten aus eigenem Willen den Hungerstreik beenden, ist es von überlebensnotwendiger Bedeutung, dass die Behandlungspläne ohne die kleinste Abweichung eingehalten werden. Es müssen bereits im Vorfeld die notwendigen Maßnahmen für den Fall einer Beendigung des Hungerstreiks getroffen werden.“ Auch mit dem Gefängnisdirektor hat ein Gespräch stattgefunden, in dem auf Rechtsverletzungen hingewiesen wurde. Insbesondere machen die Menschenrechtsorganisationen darauf aufmerksam, dass die notwendige medizinische Behandlung der Hungerstreikenden in Haft nicht möglich sei.

Blutungen und Augentrübungen bei den Gefangenen

Im letzten Teil des Berichts geht es um Mandantengespräche, die von Anwälten im Gefängnis geführt wurden. Laut der Anwälte leiden die Hungerstreikenden unter Gewichtsverlust, Schlaflosigkeit, Schwindel, niedrigem Blutdruck, Übelkeit und Magenkrämpfen, Darmblutungen und Linseneintrübung.

Insbesondere wurde auf die rapide Verschlechterung des Gesundheitszustands der Gefangenen Agit Bilik, Ebubekir Neng, Salih Kutluk und Hakan Petekkaya hingewiesen. Diese befinden sich seit Januar im Hungerstreik.

Bestrafung für 1.-Mai-Feier

Außerdem wird berichtet, dass gegen acht Gefangene wegen einer Feier zum 1. Mai ein Disziplinarverfahren eingeleitet worden ist und seitdem den Gefangenen die Untersuchung des Zuckerspiegels, des Gewichts und des Blutdrucks verweigert wird. Weiter heißt es: „Die Gefangenen haben zur Sprache gebracht, dass der Wechsel der Zellen und die Verlegung der politischen Gefangenen in andere Gefängnisse nicht akzeptiert werde und es auf dem Transport ins Krankenhaus immer wieder zu Problemen komme.“

Jederzeit kann es Tote geben

Im Fazit des Berichts heißt es: „Damit die Gesundheit der Gefangenen nicht weiter in Gefahr gerät, müssen die notwendigen Grundsätze medizinischer Versorgung beachtet werden. Außerdem müssen gegen die Gefängnisleitungen, die eine rechtswidrige Praxis umsetzen, die notwendigen juristischen und verwaltungsrechtlichen Schritte eingeleitet werden. Jeden Moment kann die Nachricht von Todesfällen eintreffen. In einer solchen Situation müssen die Regierungsvertreter ihrer Verantwortung gerecht werden und die aktuellen Forderungen ohne Verzögerung bewerten. Das ist von überlebensnotwendiger Bedeutung.“