Wansee: Anzahl geborgener Leichen steigt auf 61

Die Anzahl der nach einem Schiffsunglück aus dem Wansee geborgenen Leichen hat sich auf 61 erhöht. Das Ende Juni gesunkene Boot transportierte Schutzsuchenden aus Pakistan, Afghanistan und Iran und gehörte einem AKP-Politiker.

Nach dem Untergang eines mit Schutzsuchenden aus Pakistan, Afghanistan und Iran besetzten Bootes am 27. Juni im Wansee ist die Anzahl der bisher geborgenen Leichen auf 61 gestiegen. Das Boot liegt mitten im See in knapp 107 Metern Tiefe, die Suche nach den Toten geht weiter. Zwei der Schutzsuchenden sollen das Unglück überlebt haben. Es wird davon ausgegangen, dass sich mindestens siebzig Menschen auf dem Boot befanden. 18 Leichname sind anonym bestattet worden.

Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens sind fünf Personen verhaftet worden. Weitere Informationen zu dem Verfahren liegen nicht vor, da eine Geheimhaltungsverfügung verhängt wurde.

Das Boot gehört dem AKP-Kreisvorsitzenden von Westan (Gevaş), Tahsin Değirmencioğlu. Der AKP-Politiker soll selbst die Behörden benachrichtigt haben, da sein Neffe das Boot lenkte und sich als erster ans Ufer retten konnte. Der Mann befindet sich mittlerweile in Untersuchungshaft.

Wan grenzt an Iran

Die nordkurdische Provinz Wan mit ihrem riesigen Binnengewässer liegt an der türkisch-iranischen Grenze und stellt somit den ersten Anlaufpunkt auf türkischem Staatsgebiet für Menschen dar, die vor den Kriegen im Mittleren Osten und Asien nach Europa fliehen wollen. Die Grenze und die Region sind aufgrund des Krieges hochgradig militarisiert. Mit Hilfe von EU-Aufbauhilfen wurden im Abstand von wenigen hundert Metern eine Militärbasis neben der anderen gebaut. Die Militärs arbeiten oft mit kommerziellen Fluchthelfern, vor allem auch mit kriminellen Banden, die die Schutzsuchenden im Hochgebirge aussetzen, zusammen und profitieren so von der prekären Lage der Flüchtlinge.

Nicht die erste Katastrophe

Im Durchschnitt kommen täglich zwischen 1000 und 1500 Menschen aus Afghanistan, Iran, Irak und Mittelasien nach Wan. Nach offiziellen Angaben sind im vergangenen Jahr 40.180 Migrantinnen und Migranten an der Grenze aufgegriffen worden. Eine weit größere Anzahl fällt in die Hände von Schleppern. Bei dem jüngsten Vorfall handelt es sich nicht um die erste Katastrophe, die sich auf dem Wansee ereignet hat. Am 26. Dezember 2019 kamen sieben Personen ums Leben, als ein Boot mit Schutzsuchenden auf dem Weg nach Bedlîs sank. 64 Personen konnten mit Hilfe von Dorfbewohnern aus der Umgebung gerettet werden. Mit einer Uferlänge von etwa 576 Kilometern ist der Wansee einer der größten Gebirgsseen der Erde.