Die nordkurdische Provinz Wan (Van) ist die fruchtbarste Region Kurdistans. Die Mehrheit der Bevölkerung dort lebt von der Landwirtschaft. Doch die militärischen Sperrgebiete, die Preise für Diesel und Dünger, die Beringung der Tiere und ihre Krankenversicherungen bringen die Landwirtschaft immer weiter zum Erliegen. Aufgrund der Abnahme der Kaufkraft ist der Viehhandel ebenfalls de facto eingestellt. Die Viehzüchter fordern daher eine Förderung und eine Aufhebung der Betretungsverbote der Almen.
„Es wird jedes Jahr schlimmer“
Der Viehzüchter Hamza Aslan berichtet: „Wegen der Krise ist alles viel teurer geworden; es kauft auch keiner mehr Vieh. Der Grund dafür ist die Wirtschaftskrise, nichts anderes. Letztes Jahr konnte man ein Lamm für tausend Lira kaufen, dieses Jahr kosten sie 1500 TL. Deswegen wird nichts mehr verkauft. Hier muss etwas passieren, aber jedes Jahr wird es schlimmer als im Vorjahr.“
„Der Staat hat die Landwirtschaft zerstört“
Hikmet Aslan ist seit zwanzig Jahren Viehzüchter, er klagt, der Staat habe die Viehzucht und Landwirtschaft zum Erliegen gebracht: „Sie erlauben uns nicht, unsere Tiere auf die Weiden zu treiben. Die Weiden sind zu Sperrgebieten erklärt worden. Wir können auch nicht mehr pflanzen. Denn der Diesel kostet jetzt 7 TL pro Liter. Wie soll man denn bei diesen Preisen aussähen? Die Regierung frisst das Geld. Sie haben das Geld des ganzen Landes in ihre eigenen Taschen gesteckt. Der armen Bevölkerung ist nichts mehr geblieben.“
„Unsere Schafe werden mit Heron-Drohnen beobachtet“
Obwohl der Sommer naht, können die Viehzüchter nicht auf die Weiden. Sie werden permanent von Heron-Drohnen beobachtet. Aslan fährt fort: „Wenn die Weiden frei wären, wenn die Viehzucht frei wäre, dann gäbe es nicht soviel Armut. Die Landwirtschaft kommt nur mit Gerechtigkeit, Geschwisterlichkeit und Einheit wieder in Ordnung.“
„Wenn wir keine Atteste haben, dann bekommen wir Strafen“
Ein anderer Viehzüchter namens Ebubekir Çelik erzählt: „Die Militärbasen lassen kein Tier ohne Dokumente vorbeiziehen. Sie sagen: ‚Bring den Bericht über den Gesundheitszustand deines Tieres.‘ Sie lassen uns nicht dorthin, wo wir hinmüssen. Wenn wir keine Atteste bringen, dann müssen wir Strafe zahlen. Diese Atteste sind teuer, deshalb ist es für uns sehr schwer, sie zu bekommen. Wir wollen, dass die Almen frei sind und dass die Tiere von den Dorfvorstehern registriert werden.“
„Zwei Hirten können sich nicht treffen“
Mehmet Aslan sagt, dies sei die schlimmste Zeit für die Landwirtschaft: „Wir können unsere Tiere wegen der Beringung nicht verkaufen. Denn sie lassen unberingte Tiere nicht auf die Almen. Wenn wir zu den Almen ziehen, dann erleben wir massive Repression. Man muss den Staat fragen, warum jede Alm und jedes Dorf leer ist. Wenn zwei Hirten zusammenkommen, dann betrachtet der Staat sie als ‚Terroristen‘. Tausende Dörfer wurden geräumt, die Menschen können aus Angst nicht zurückkehren und ihre Tiere nicht mehr ernähren.”