Silav Koçer, Fedakar Hêlîn und Egîd Nîzîp in Gabar gefallen

Die HPG haben den Tod von drei ihrer Mitglieder bekannt gegeben. Die Guerillakommandantin Silav Koçer und die Kämpfer Fedakar Hêlîn und Egîd Nîzîp sind im Dezember 2022 im Widerstand gegen die türkische Armee in der Gabar-Region ums Leben gekommen.

Die Guerillakämpfer:innen Silav Koçer, Fedakar Hêlîn und Egîd Nîzîp sind im Dezember im Widerstand gegen die türkische Armee in der Gabar-Region in Nordkurdistan ums Leben gekommen. Das gab das Pressezentrum der Volksverteidigungskräfte (HPG) heute bekannt. „Silav Koçer, Gebietskommandantin der Gabar-Region, sowie Fedakar Hêlîn und Egîd Nîzîp repräsentierten bis zuletzt die Militanz der PKK, als sie sich im Zuge einer Operation der Karawane der Gefallenen anschlossen. Es sind unersetzliche Freund:innen, die sich den Reihen der Helden des epischen Widerstands in Botan angeschlossen haben, dem Zentrum unseres Guerillakampfs, den der legendäre Kommandant Egîd (Mahsum Korkmaz) eingeleitet hat. Ihnen als Vertreter:innen der stetigen Opferbereitschaft gilt unsere Verbundenheit. Wir sprechen den Angehörigen unserer Gefallenen und der patriotischen Öffentlichkeit Kurdistans unser Beileid aus.“

Zu der Identität der Gefallenen machen die HPG folgende Angaben:

Codename: Silav Koçer
Vor- und Nachname: Behiye Kaçar
Geburtsort: Sêrt
Namen von Mutter und Vater: Xezal – Egîd
Todestag und -ort: 2. Dezember 2022 / Gabar

 

Codename: Fedakar Hêlîn
Vor- und Nachname: Mazlum Akman
Geburtsort: Istanbul
Namen von Mutter und Vater: Aynur – Alaaddin
Todestag und -ort: 2. Dezember 2022 / Gabar

 

Codename: Egîd Nîzîp
Vor- und Nachname: Yakup Demir
Geburtsort: Dîlok
Namen von Mutter und Vater: Hatice – Abuzer
Todestag und -ort: 2. Dezember 2022 / Gabar


Silav Koçer

Silav Koçer wurde in Sêrt (Siirt) in eine vom kurdischen Befreiungskampf geprägte Familie geboren, die dem Stamm der Didêrî angehört. Sie wuchs mit der Realität des Widerstands gegen die staatliche Unterdrückung in Kurdistan auf. Die Inhaftierung ihres älteren Bruders aufgrund seiner Aktivitäten für die kurdische Jugendbewegung prägten ihren weiteren Lebensweg. Auch sie engagierte sich unter dem Dach der Jugend Kurdistans und erwarb dabei Fähigkeiten im organisatorischen Bereich. Um diese Erfahrungen zur Grundlage eines wirksameren Kampfes zu machen, und in dem Wissen, dass ihr emanzipatorischer Ansatz mit traditionellen gesellschaftlichen Normen nicht vereinbar sei, schloss sie sich 2009 unmittelbar nach dem Abitur der Guerilla an.


Erste praktische Erfahrungen in den Bergen sammelte Silav Koçer in Gare, später ging sie nach Metîna. Hier beteiligte sie sich eine Weile aktiv am Krieg, bis sie 2011 für ein Jahr ins Qendîl-Gebirge wechselte. Ihre nächste Station war die Xakurke-Region, wo der revolutionäre Volkskrieg zur damaligen Zeit relativ dynamisch war. Sie wirkte an diversen Aktionen gegen die türkische Besatzung mit und sammelte wichtige militärische Erfahrungen, die sie gepaart mit ihrer ideologischen Tiefe zu einer fundierten Kämpferin der Frauenguerilla YJA Star machten. 2014 vertiefte sie an der Mazlum-Doğan-Akademie in der zentralen Parteischule der PKK ihre Kenntnisse und Fähigkeiten und widmete sich der Philosophie von Abdullah Öcalan. Anschließend ging sie als Kommandantin in die Qendîl-Berge.

Ihr dortiger Aufenthalt war nicht von langer Dauer. Der türkische Staat hatte nach der einseitigen Beendigung des Dialogprozesses mit der PKK im Sommer 2015 einen totalen Vernichtungskrieg gegen das kurdische Volk losgetreten. Silav Koçer ließ sich auf eigenen Wunsch hin nach Nordkurdistan versetzen und kämpfte ab 2016 zunächst in Herekol und später weiteren Gebieten der Botan-Region. Ihr letztes Einsatzgebiet war das Gabar-Gebirge in der Provinz Şirnex.

Fedakar Hêlîn

Fedakar Hêlîn wurde in Istanbul geboren, seine kurdische Familie stammt ursprünglich aus Mêrdîn. Er wuchs in einem patriotischen und von der Kultur Kurdistans geformten Umfeld auf und engagierte sich als junger Heranwachsender bei der Jugendbewegung. Mit dem Aufkommen intensiver Angriffe auf die Rojava-Revolution durch die Terrorgruppe „Islamischer Staat“ (IS) fasste er 2015 den Entschluss, in die Berge zu gehen. Der Guerilla schloss er sich in Nisêbîn an.

Der Codename, den sich Fedakar Hêlîn als Kämpfer zulegte, setzt sich aus den Nom de Guerre einer Tante väterlicherseits und eines Onkels mütterlicherseits zusammen: Hêlîn (Suphiye Akman) starb 1988 im kurdischen Widerstand, Fedakar (Hikmetullah Demir) 1996. Erste praktische Erfahrungen an der Waffe sammelte Fedakar Hêlîn in Avaşîn in den Medya-Verteidigungsgebieten. Trotz seines jungen Alters habe er in verschiedenen Bereichen des Kampfes große Leistungen vollbracht, so die HPG.


Um seine Fertigkeiten für die Kunst des Krieges zu verfeinern, durchlief Fedakar Hêlîn eine Ausbildung an der „Operationsschule Şehîd Mehmet Goyî“ sowie mehrere Fachschulungen. Daran anschließend ging er nach Nordkurdistan, um sein erworbenes Wissen über moderne Guerillataktiken in die Praxis umzusetzen. In Botan hielt er sich seit 2018 auf.

Egîd Nîzîp

Egîd Nîzîp wurde in Bêlqîs in der Provinz Dîlok (Antep) geboren. Seine Familie war ursprünglich in Pirsûs (Suruç) in der benachbarten Provinz Riha beheimatet. Er wuchs in einem patriotischen Elternhaus auf, in dem der Widerstand gegen die Politik der Assimilation des türkischen Staates allgegenwärtig war. Eine weitere Politisierung erfuhr er in der Jugendbewegung.

Während des IS-Angriffs auf Kobanê und andere Regionen in Rojava beteiligte er sich im Norden Kurdistans an den Protesten und Volksaufständen, die sich gleichzeitig gegen die Unterstützung der Türkei für die Dschihadistenmiliz richteten. Später nahm er am Widerstand für Selbstverwaltung teil, die 2015 in verschiedenen Städten von Bakur proklamiert worden war. Er selbst kämpfte in Nisêbîn. Um sein Wirken für die Revolution in Kurdistan zu professionalisieren, schloss er sich 2016 der Guerilla an.


Nach seiner Grundausbildung war Egîd Nîzîp als Teamkommandant im Einsatz, da er bereits auf praktische Erfahrungen im Kampf zurückblicken konnte. Später ging er in den Bereich Infrastruktur und Logistik und nahm an militärischen Spezialausbildungsprogrammen teil. Er fokussierte sich auf neue Kriegstechnik und wirkte maßgeblich daran mit, dass die Guerilla militärisch-technologischen Bereich ausbaut. Dieses Wissen setzte er die letzten Jahre in Botan ein.