Proteste in Nord- und Ostsyrien gegen Massaker an Alawit:innen

In Hesekê, Kobanê und Qamişlo ist gegen die Massaker islamistischer Milizen an der alawitischen Bevölkerung in Syriens Küstenregion demonstriert worden. Gefordert wurden internationale Maßnahmen, um die Zivilbevölkerung zu schützen.

Demos in Qamişlo, Hesekê und Kobanê

In mehreren Städten der Autonomieregion Nord- und Ostsyrien haben Proteste gegen die jüngsten Massaker islamistischer Milizen in der alawitisch geprägten Küste zwischen Tartus und Latakia stattgefunden. Die Demonstrierenden verurteilten die Gewalt, der nach Schätzungen von Menschenrechtsorganisationen über tausend Zivilist:innen zum Opfer gefallen sind, und forderten internationale Maßnahmen, um die Zivilbevölkerung zu schützen.

Demonstration in Qamişlo

In der Stadt Qamişlo versammelten sich hunderte Menschen zu einer Demonstration, an der sich auch Aktive und Handelnde der Zivilgesellschaft und politischer Parteien beteiligten. So waren unter anderem die Bewegung für eine demokratische Gesellschaft (TEV-DEM) und die PYD vertreten. Die Demonstration zog durch die Stadt, begleitet von Sprechchören wie „Nein zur Gewalt“ und „Wir sind eins, das syrische Volk ist eins“. Viele Teilnehmende trugen Transparente mit Bildern der Opfer der Massaker.

Konzept der demokratischen Nation als Lösung für Syrien

Auf dem Platz der Gefallenen mündete der Marsch in eine Kundgebung. Nach einer Schweigeminute für die getöteten Alawit:innen hielt unter anderem die Ko-Vorsitzende des Volksrates von Qamişlo, Hêvî Mihemed, eine Rede. Sie betonte, dass sich trotz des Sturzes des Baath-Regimes und der neuen Regierung keine grundlegenden Veränderungen in Syrien vollzogen hätten. „Das syrische Volk ist auch weiterhin dem Tod ausgesetzt. Die kulturelle, religiöse und soziale Identität sowie die Autonomie des syrischen Volkes werden nicht respektiert. Es ist offensichtlich, dass die neue Regierung nicht in der Lage ist, das syrische Volk zu führen oder dessen Zukunft zu gestalten. Die einzige Lösung ist das Konzept der demokratischen Nation, denn dies ist der Schlüssel zur Lösung der Krise in Syrien.“

„Frauen, Kinder und ältere Menschen werden brutal ermordet

Bis jetzt ist es unklar, ob die Mörderbanden direkt unter dem Befehl des selbsternannten Übergangspräsidenten Ahmed al-Scharaa standen. Laut der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte (SOHR) soll die überwiegende Mehrheit der Opfer jedoch von mit dem syrischen Verteidigungs- und dem Innenministerium verbundenen Elementen exekutiert worden sein. Hêvî Mihemed sagte mit Blick auf die Massaker an der alawitischen Gemeinschaft: „Die Angriffe erfolgen unter dem Vorwand, dass die Opfer mit dem Baath-Regime in Verbindung stehen, aber die Realität sieht anders aus: Frauen, Kinder und ältere Menschen werden brutal ermordet.“ Die Aktivistin rief die internationale Gemeinschaft auf, ihrer „moralischen Verantwortung“ gerecht zu werden und Druck auf die Interimsregierung in Damaskus auszuüben, eine Untersuchungskommission für die Aufklärung der Massaker einzurichten und eine Bestrafung der Täter zu ermöglichen.

Protest in Kobanê

Auch in Kobanê fand eine Protestaktion statt. Die Demonstration startete am Platz der freien Frauen und führte bis zum Friedensplatz, wo eine Kundgebung stattfand. Ayşe Efendî, Sprecherin der Initiative für die Freiheit von Abdullah Öcalan im selbstverwalteten Kanton Firat, verurteilte die Massaker und forderte die Verantwortlichen zur Rechenschaft. Sie betonte, dass die Gewalt gegen Zivilist:innen ein Ende haben müsse. „Frieden und Stabilität müssen in ganz Syrien herrschen. Schon zu Beginn der Revolution haben wir betont, dass dies unser Hauptanliegen ist. Die Völker Syriens müssen zusammenstehen, um Frieden und Stabilität zu verwirklichen“, erklärte sie. Die Kundgebung endete mit Sprechchören zur Einheit der syrischen Völker.

Demonstration in Hesekê

In Hesekê begann eine weitere Demonstration an der Kevok-Kreuzung im Stadtteil Til Hecer. Hunderte Menschen hielten Bilder der Opfer der Massaker hoch und zogen zum Miftî-Viertel, wo eine Kundgebung stattfand.

Beyan Xelîl, Aktivistin der Frauenbewegung Kongra Star, verurteilte die Massaker an den Alawit:innen als unmenschlich und als Angriff auf alle religiösen und humanitären Werte. Sie warnte vor weiteren Eskalationen, falls die internationale Gemeinschaft nicht handele.

Auch Ferhan Daûd, ein Bewohner Hesekês, äußerte sich: „Seit Jahren hören die Angriffe auf die Zivilbevölkerung nicht auf. Die Ereignisse an der syrischen Küste unterscheiden sich nicht von den Massakern in Efrîn und Serêkaniyê. Diese Verbrechen geschehen mit direkter Unterstützung des türkischen Staates.“

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