Ostkurdistan: Das Basidsch-System als Aufstandsbekämpfungsmethode

In traditionell rebellischen Gebieten in Ostkurdistan wird die Einbindung der Bevölkerung in das paramilitärische Basidsch-System als Methode der Assimilierung und Aufstandsbekämpfung genutzt.

Der Guerillakämpfer Hawar Sine stammt aus der Stadt Sine (Sanandadsch) in Rojhilat (Ostkurdistan). Gegenüber ANF hat er sich zur Politik des iranischen Regimes geäußert und die Frauen und die Jugend zum Widerstand aufgerufen.

 

Wie Hawar im Verweis auf die Widerstandsgeschichte seiner Heimatstadt ausführt, wird die Bevölkerung von Sine brutal unterdrückt: „Der Feind will das Widerstandspotential in Sine auslöschen, aber die Bevölkerung hat sich dem Feind niemals gebeugt.“ Das Regime habe mit der Zeit begriffen, dass es mit Repression nicht weiterkomme. Daher habe es zu weicheren Methoden gegriffen und setze jetzt auf Assimilation. Um diese Politik zu durchschauen, sei ein bestimmtes Bewusstsein erforderlich, so der Guerillakämpfer: „Beispielsweise führt der Feind die Bevölkerung hinters Licht, indem er jetzt Soranî zulässt. Die Menschen werden mit ihrer eigenen Sprache assimiliert. Es findet Unterricht über die Geschichte, Kultur und Politik des Regimes auf Soranî statt. Manche Kreise denken, dass der Staat den Kurden damit ein Recht zugestanden hat. Ein Mensch mit einem Bewusstsein für die Situation weiß jedoch, dass der Staat auf diese Weise den kurdischen Widerstandsgeist zerstören und die Akzeptanz seiner Politik erreichen will.“

Hawar Sine spricht auch das Basidsch-System an, das den „Dorfschützern“ in Nordkurdistan ähnelt. Die Basidsch-e Mostazafin sind eine als inoffizielle Hilfspolizei eingesetzte paramilitärische Miliz des Iran, die sich aus Freiwilligen rekrutiert. Organisatorisch sind sie eine Abteilung der iranischen Revolutionsgarde. In Ostkurdistan ist dieses System weit verbreitet, sagt Hawar: „Das iranische Regime hat die Basidschi derartig legitimiert, dass sich inzwischen jede Familie darum bemüht, ein Kind dort unterzubringen. Ohne einen Basidschi-Ausweis ist es kaum noch möglich, zu arbeiten und zu leben. Die Bevölkerung wird damit vom Staat abhängig gemacht. Von Minderjährigen bis zu alten Menschen werden immer mehr Leute in dieses System eingebunden. Den wenigsten Eltern ist bewusst, was das bedeutet. Bereits Kindern wird die staatliche Ideologie eingeimpft. Sie lernen als Kinder, ihre Eltern beim Staat zu denunzieren. Das ist die Form der Assimilation, die am tiefsten greift. Der Staat treibt dieses System vor allem in Orten voran, in denen es wie in Sine ein Widerstandspotential gibt. Wenn vor zwanzig Jahren eine Person in Sine als Spitzel beschuldigt wurde, ist die Hölle ausgebrochen, es bedeutete den Tod für die betreffende Person. Inzwischen ist es völlig normal geworden und es gibt sogar einen offiziellen Ausweis dafür.“

Der Guerillakämpfer Hawar Sine hält es für dringend erforderlich, dass in der Bevölkerung ein Bewusstsein über diese Situation entsteht. Er appelliert vor allem an Frauen und junge Menschen: „Wehrt euch gegen diese Politik, lasst euch nicht darauf ein. Das Basidsch-System richtet sich gegen die Würde des kurdischen Volkes, es erniedrigt die Kurden.“