Neue Übergangsregierung in Syrien

Der islamistische Staatschef al-Scharaa hat die Bildung einer neuen Regierung verkündet. Zentrale Mitglieder des Übergangskabinetts bleiben im Amt. Der Regierung gehört erstmals auch eine Frau an.

Islamistenherrschaft in Damaskus

Syriens islamistischer Übergangspräsident Ahmed al-Scharaa hat die Bildung einer neuen Regierung verkündet, die den Umbau des Landes weiter vorantreiben soll. Er wolle einen „starken und stabilen Staat“ aufbauen, sagte Al-Scharaa bei der Vorstellung seines 23-köpfigen Kabinetts am Samstagabend. Es löst die selbsternannte Interimsregierung ab, die nach dem Sturz von Langzeitmachthaber Baschar al-Assad im Dezember die Staatsgeschäfte übernommen hatte.

Die Bildung der neuen syrischen Regierung sei die „Erklärung unseres gemeinsamen Willens, einen neuen Staat aufzubauen“, betonte al-Schaara im Palast des Volkes in der Hauptstadt Damaskus. Man wolle die staatlichen Institutionen auf der Grundlage von „Verantwortung und Transparenz“ neu errichten. Die zentralen Posten besetzte er mit Vertrauten: Außenminister Asaad al-Schaibani und Verteidigungsminister Murhaf Abu Qasra, die der bisherigen Übergangsregierung angehörten, behalten ihre Posten.

Ein weiterer früherer HTS-Dschihadist, Anas Chattab, der bisher als Geheimdienstchef fungiert hatte, ist nun Innenminister. Raed al-Saleh, Chef der Rettungsorganisation Weißhelme, gehört nun ebenfalls dem neuen Kabinett an. Er wurde Minister für Notfall- und Katastrophenmanagement. Erstmals wurde zudem eine Frau in die Regierung berufen: Hind Kabawat wird als Ministerin für Soziales und Arbeit zuständig sein. Sie gehört der christlichen Minderheit in Syrien an.

Der Alawit Jarub Badr übernimmt das Amt des Verkehrsministers. Amgad Badr, der der drusischen Gemeinschaft angehört, wird dem Landwirtschaftsressort vorstehen. Das Energieressort leitet der frühere Regierungschef des HTS-Protektorats Idlib, Mohammed al-Baschir, der die bisherige Übergangsregierung anführte. Ein Premier wurde nicht ernannt. Es wird erwartet, dass der selbsternannte Interimspräsident al-Scharaa die Arbeit des Kabinetts leitet.

Al-Scharaas islamistische Miliz „Hayat Tahrir al-Sham“ (HTS) und mit ihr verbündete Gruppierungen hatten am 8. Dezember das Assad-Regime gestürzt. Sie lösten das alte Parlament und die ehemalige Regierungspartei Baath auf und setzten die Verfassung von 2012 außer Kraft. Ende Januar ließ sich al-Scharaa zum Übergangspräsidenten ernennen. Mitte März unterzeichnete er eine Verfassungserklärung für eine fünfjährige Übergangsperiode nach dem Sturz Assads.

Die Demokratische Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien (DAANES) hatte den Verfassungsentwurf al-Scharaas abgelehnt und kritisiert, er wolle eine zentralistische Herrschaft etablieren. Das Papier legt unter anderem fest, dass allein der Präsident die Exekutivgewalt ausübt. Die alawitische Minderheit in Syriens Küstenregionen fürchtet sich nach den Massakern in den vergangenen Wochen mit etwa 2.000 Toten vor weiterer Verfolgung. Auch die drusische Gemeinschaft beobachtet den Kurs des Übergangspräsidenten mit Skepsis.