In der kurdischen Provinzhauptstadt Dersim (tr. Tunceli) hat eine Menschenmenge die Festnahme der Ko-Bürgermeisterin Birsen Orhan verhindert. Die DEM-Politikerin habe sich am Samstag auf dem Weg in ihre Wohnung im zentralen Künstlerviertel befunden, als Polizisten sie von hinten überholten und ihr den Weg abschnitten. Laut Orhan begründeten die Beamten das Vorgehen damit, dass sie als Beschuldigte vernommen werden müsste – worum es dabei konkret gehe, sei ihr nicht mitgeteilt worden. Eine Menschenmenge, die in der Nähe eine Mahnwache hielt, bemerkte den Vorfall und protestierte lautstark gegen die versuchte Festnahme. Die Beamten entfernten sich daraufhin, ohne die Festnahme durchzuführen.
Die bei der Kommunalwahl Ende März zur Ko-Bürgermeisterin von Dersim gewählte Birsen Orhan wurde am Freitag wegen eines vermeintlichen „Terrorismusverdachts“ abgesetzt und durch einen von der Regierung in Ankara bestellten Zwangsverwalter ersetzt. Auch ihr Ko-Bürgermeister Cevdet Konak sowie der Bürgermeister von Pulur (Ovacık), Mustafa Sarıgül (CHP), wurden aus ihren Rathäusern verbannt. Durch die jüngsten Absetzungen steigt die Zahl der seit Oktober in der Türkei usurpierten Rathäuser auf sieben: Die DEM-Bürgermeister:innen der kurdischen Städte Êlih (Batman), Mêrdîn (Mardin) und Xelfetî (Halfeti) sowie der CHP-Bürgermeister des bevölkerungsreichsten Bezirks von Istanbul waren bereits Anfang November und Ende Oktober ihrer Ämter enthoben worden, ihr Kollege in Colemêrg (Hakkari) bereits im Juni, ebenfalls wegen angeblichem „Terrorismus“.
Birsen Orhan teilte unterdessen mit, dass ihr Rechtsbeistand bei der Staatsanwaltschaft noch immer nicht in Erfahrung bringen konnte, warum eine Festnahmeanordnung gegen sie vorliegen soll. Auch habe sie keine polizeiliche Vorladung erhalten. Sie vermute hinter dem Vorgang allerdings einen Zusammenhang mit den Amtsentlassungen in Dersim und wolle sich in den nächsten Tagen beim Präsidium melden. Derweil dauern die Proteste gegen die Absetzung der Bürgermeister:innen in Dersim weiter an.