Leere Straßen in Amed

Seit Samstag gilt in 31 Städten in der Türkei eine Ausgangssperre. Die normalerweise belebten Straßen in Amed sind menschenleer. Die Menschen meinen, dass das Verbot verlängert werden sollte und der Staat die Versorgung gewährleisten muss.

Die Todes- und Infektionsfälle der Corona-Pandemie in Kurdistan und der Türkei steigen weiter an. Nach Angaben des türkischen Gesundheitsministeriums vom Samstagabend gibt es 52.167 bestätigte Infektionen, die Anzahl der Toten ist auf 1101 gestiegen. Die türkische Regierung hat am 10. April ein auf das Wochenende beschränktes Ausgangsverbot in 31 Städten erlassen. Nach der Bekanntgabe der Maßnahme, die nur zwei Stunden vor Beginn erfolgte, kam es zu massiven Menschenansammlungen vor Bäckereien und Geschäften.

In Amed (Diyarbakir), einer der von der Ausgangssperre betroffenen Großstädte in Kurdistan, blieben die Straßen am ersten Tag des Verbots leer. Bis auf die Notapotheken und wenige Bäckereien sind alle Geschäfte geschlossen. Menschen, die auf der Straße unterwegs waren oder ihre Wohnungen zum Brotkaufen verlassen hatten, wurden von Polizeipatrouillen über Lautsprecher verwarnt: „Es herrscht Ausgangsverbot. Kehren Sie in ihre Wohnungen zurück, ansonsten werden Strafmaßnahmen verhängt.“ Das Verbot wird auch mit Hubschraubern überwacht.

Zwei Tage reichen nicht

Dass das ab Mitternacht gültige Verbot erst zwei Stunden vorher angekündigt wurde, hat wütende Reaktionen der Bevölkerung hervorgerufen. „Es hat uns unvorbereitet getroffen“, sagen die Menschen. Gleichzeitig sind sie der Meinung, dass eine zweitägige Ausgangssperre nicht ausreicht, um die Pandemie einzudämmen.

In den belebten Vierteln der Stadt wie Dağkapı und Ofis bietet sich ein ungewohntes Bild. Nur Straßentiere sind unterwegs, es herrscht eine nie dagewesene Stille. Dass die normalerweise pulsierenden Straßen leer sind, zeigt, wie ernst die Menschen in der Stadt die Pandemiegefahr nehmen. Viele verbringen ihre Zeit in ihren Gärten oder vor der Haustür.

Versorgung muss gewährleistet werden

Auch Mehmet Kurukan sitzt die meiste Zeit im Garten. Seine Familie hat eine Firma, die Krankenhäuser mit Verbrauchsmaterial beliefert. Kurukan ist der Meinung, dass das Ausgangsverbot als Präventionsmaßnahme verlängert werden muss: „Es muss jedoch die Möglichkeit dafür geschaffen werden. Wir sind werktätige Menschen und müssen unser tägliches Brot erarbeiten. Weil wir die Krankenhäuser beliefern, sind wir psychisch ohnehin angeschlagen. Jeden Tag sehen wir die Toten und Kranken, da macht die Arbeit keinen Spaß mehr. Aber ich denke, dass die Vorschläge des Wissenschaftsrates befolgt werden müssen.“

Verlängerung der Ausgangssperre ist unklar

Nurettin Özkan aus dem Stadtviertel Seyrantepe ist Hirte. Er kritisiert die kurzfristige Verhängung der Ausgangssperre: „Die Maßnahme hätte zumindest vier, fünf Stunden vorher öffentlich gemacht werden müssen. Es hat uns unvorbereitet getroffen und wir konnten uns nicht mehr mit dem Grundbedarf versorgen. Das ist uns eine Lektion. Ich bin Hirte und muss die Tiere nach draußen bringen. Das mache ich alle drei Stunden. Wenn die Fahrzeuge mit den Lautsprecheransagen vorbeikommen, sage ich, dass ich Hirte bin, dann passiert nichts. Ob die Ausgangssperre nur für das Wochenende gilt oder verlängert wird, ist noch unklar. Die meisten Menschen sind der Meinung, dass der Staat für die Grundversorgung der Bevölkerung sorgen muss und das Verbot verlängert werden soll.“