„Innerkurdische Einheit wichtiger als Brot und Wasser“

Die nationale Einheit ist wichtiger als Brot und Wasser. Die verschiedenen Parteien sollten ihre Interessen und Unterschiedlichkeiten beiseitelegen, wenn es ihnen tatsächlich um die kurdische Sache geht, fordert der ehemalige Peschmerga Süleyman.

Mit dem Völkerrechtsbruch der Türkei in Nordsyrien ist die Stärkung der nationalen Einheit zu einem vorrangigen Thema auf der Agenda der kurdischen Gesellschaft geworden. Neben kurdischen Parteien und zivilgesellschaftlichen Organisationen, die mit dem entsprechenden Druck daran arbeiten, eine gemeinsame Haltung zu den Angriffen auf Kurdistan zu entwickeln, setzen sich auch viele Peschmerga für eine schnellere Realisierung der innerkurdischen Einheit ein. Einer von ihnen ist Abdullah Yusuf Süleyman aus Roboskî im nordkurdischen Qilaban (Uludere, Provinz Şirnex/Şırnak). Wir hatten am Rande der Gedenkveranstaltung für die Todesopfer des vor acht Jahren vom türkischen Staat begangenen Massakers in Roboskî die Gelegenheit, mit Süleyman zu sprechen. Er sagt: „Eine innerkurdische Einheit ist wichtiger und dringender als alles andere. Wir müssen sie so schnell wie möglich umsetzen.“

Im Jahr 1976 verließ Süleyman sein Heimatdorf und ging als Peschmerga nach Südkurdistan. „Ich überquerte die Grenze und blieb bis 1982, um die Errungenschaften Südkurdistans zu verteidigen. Es war ein Kampf für Kurdistan. Aktuell wird unser Land wieder angegriffen. Dagegen muss sich das kurdische Volk vereinen, bevor es zu spät ist.“

Gegen den Willen der Kurden wurde ihr Land in vier geteilt, fügt Süleyman hinzu. Deshalb, so der ehemalige Peschmerga, sollte das kurdische Volk geschlossen den Teil Kurdistans verteidigen, der von Angriffen betroffen ist. „Wir befinden uns im Augenblick in Roboskî. Allerdings haben wir auch Verwandtschaft in Dihok. Ich will damit sagen, dass wir Kurden eine Nation sind. Es ist unsere Pflicht, unsere Heimat überall dort zu schützen, wo sie in Gefahr ist.“

Zeit für nationale Einheit

Die momentane Phase sei für das kurdische Volk besonders wichtig, erklärt Süleyman. „Mittlerweile sind die Kurden für jede Person weltweit ein Begriff. Die nationale Einheit ist der Traum aller Kurden. Ihre Zeit ist gekommen. Wir dürfen diese historische Chance nicht verpassen. Ich rufe alle Kurden, ihre Institutionen, Parteien und Organisationen auf, zusammenzukommen und Lösungen zu erarbeiten. Die Kurden sind jetzt eine führende Kraft und ziehen die Aufmerksamkeit der ganzen Welt auf sich.“

Eine partielle Einigung werfe einen Schatten auf die kurdische Sache, erklärt der ehemalige Peschmerga. Es ginge schließlich um die grundlegenden Rechte aller Kurden. „Lange Jahre habe ich mich sowohl in Südkurdistan als auch in Rojhilat (Ostkurdistan) für unsere Rechte eingesetzt – unabhängig von irgendwelchen Parteien oder Organisationen. Meine Mühen galten meiner Heimat Kurdistan. Ich bin nach wie vor bereit, meinen Beitrag für unsere Sache zu leisten, ganz egal wo. Alle Kurden sollten ihre persönlichen Interessen beiseitelegen und sich zu einem Bündnis zusammenschließen. Solange wir keine Einheit bilden, werden Massaker an uns nicht enden. Jeder wird unser Land besetzen wollen. Deshalb ist unsere nationale Einheit wichtiger als unser Brot und Wasser“, so Süleyman.

Wären wir vereint, hätte es Roboskî nicht gegeben

Massaker an Kurden wie solche während der Anfal-Operation des irakischen Baath-Regimes in den 1980er Jahren, oder auch genozidale Angriffe in Nordkurdistan und Rojava hätten möglicherweise verhindert werden können, wären die Kurden vereint gewesen, glaubt Süleyman. „Hier in Roboskî wurden vor acht Jahren 34 junge Menschen bei einem Luftangriff der türkischen Armee getötet. 19 von ihnen waren minderjährig. Wären sie in ihrem eigenen Land massakriert worden, wenn wir eine nationale Einheit gehabt hätten? Ich glaube nicht. Deshalb müssen wir alle ein Bündnis eingehen. Wenn wir unsere nationale Einheit herstellen, können wir erfolgreich sein und Angriffe verhindern.”