Hohe Haftstrafe für Theologieprofessor gefordert

Ein türkisches Gericht in Amed hat die Anklageschrift gegen den HDP-Kandidaten für das Amt des Ko-Bürgermeisters in Ertuqî, Nurettin Turgay, angenommen. Der Theologe soll wegen seiner Aktivitäten für den Demokratischen Islam-Kongress bestraft werden.

Die Ermittlungen der Generalstaatsanwaltschaft von Diyarbakir (Amed) gegen den Theologen Prof. Dr. Nurettin Turgay sind abgeschlossen. Die 9. Strafkammer der nordkurdischen Metropole hat die Anklageschrift gegen den Kandidaten der HDP für das Amt des Ko-Bürgermeisters in der Kreisstadt Ertuqî (Artuklu) angenommen. Der 67-Jährige soll aufgrund seiner Aktivitäten für den Demokratischen Islam-Kongress DÎK – eine Komponente des Demokratischen Gesellschaftskongresses DTK – sowie regierungskritischer Äußerungen in Bezug auf die Kurdenpolitik der AKP und der türkischen Militärinvasion in Efrîn ins Gefängnis.

Gegen Turgay, der per Notstandsdekret aus dem Dienst entlassen wurde, sollen außerdem vier anonyme Anzeigen vorliegen. Der ehemalige Theologie-Professor an der Dicle-Universität in Amed hätte angeblich sowohl Verbindungen zur Arbeiterpartei Kurdistans PKK als auch zu der Gülen-Bewegung um den Prediger Fethullah Gülen, der hinter dem sogenannten Putschversuch vom Juli 2016 stecken soll. Zudem solle sich Nurettin Turgay vor Gericht wegen erhaltener SMS-Nachrichten verantworten, die Adressen von Beisetzungen enthielten. Im Falle einer Verurteilung wegen des Vorwurfs der „Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung“ drohen dem Theologen bis zu 15 Jahre Haft.

Im Oktober vorrübergehend festgenommen

Im Rahmen der Ermittlungen fand im Oktober des vergangenen Jahres eine groß angelegte „Säuberungswelle“ statt, die ausschließlich die kurdische Opposition betraf. Polizei und Sondereinsatzkommandos durchsuchten etwa 200 Objekte, fast genauso viele Personen waren zur Fahndung ausgeschrieben und festgenommen worden. Auch Nurettin Turgay wurde damals in Gewahrsam genommen. Es ist davon auszugehen, dass ähnlich hohe Haftstrafen auch für weitere Betroffene gefordert werden.