Guerillakämpfer in Mêrdîn gefallen

Die Guerillakämpfer Ibrahim Tolhildan und Nurhak Dêrik sind am Dienstag bei einem Gefecht mit der türkischen Armee in der nordkurdischen Provinz Mêrdîn ums Leben gekommen.

Wie das Pressezentrum der Volksverteidigungskräfte mitteilt, sind die Guerillakämpfer Ibrahim Tolhildan und Nurhak Dêrik am Dienstag bei einem Gefecht mit der türkischen Armee in der nordkurdischen Provinz Mêrdîn (tr. Mardin) gefallen. In der Mitteilung heißt es: „Am 10. Oktober 2023 kam es im Gebiet Omeryan in Mêrdîn zu einem Kontakt unserer Weggefährten Ibrahim und Nurhak mit der türkischen Besatzungsarmee. Als unsere Genossen reagierten, brach ein heftiges Gefecht aus. Die türkische Besatzungsarmee griff unsere Genossen mit Hunderten Besatzern an und setzte verschiedene Kriegstechnik ein. Unsere Weggefährten Ibrahim und Nurhak erwiderten die Angriffe mit großem Mut und opferbereitem Geist und kämpften stundenlang. Bei dem Gefecht wurde dem Feind ein schwerer Schlag versetzt. Drei Besatzer wurden bestraft und weitere verletzt.“

Die HPG weisen darauf hin, dass der türkische Staat seine Verluste verheimlicht und in den gleichgeschalteten Medien der Türkei nicht darüber berichtet wurde. Die beiden Gefallenen würdigen die HPG als Repräsentanten für die Unbesiegbarkeit der apoistischen Militanz und Vorreiter des revolutionären Volkskrieges in Nordkurdistan (Bakur). „Wir sprechen den wertvollen Familien unserer Genossen Ibrahim und Nurhak sowie dem patriotischen Volk Kurdistans unser Beileid aus und geben unser Wort, die Fahne der Revolution im Bewusstsein unserer Verantwortung den Gefallenen gegenüber hochzuhalten“, so die HPG.

Zur Identität der Gefallenen machen die HPG folgende Angaben:

                                      

Codename: Ibrahim Tolhildan
Vor- und Nachname: Bilal Şahin
Geburtsort: Êlih
Namen von Mutter und Vater: Lamia – Ali
Todestag und -ort: 10. Oktober 2023 / Mêrdîn

 

Codename: Nurhak Dêrik
Vor- und Nachname: Ramazan Temel
Geburtsort: Mêrdîn
Namen von Mutter und Vater: Mehdiye – Cebrail
Todestag und -ort: 10. Oktober 2023 / Mêrdîn

 

Ibrahim Tolhildan

Ibrahim Tolhildan kam in Êlih (Batman) in einer nomadischen Familie zur Welt. Seine Familie gehört zum Qîroyî-Zweig des Stammes der Didêrî, mehrere Verwandte von ihm schlossen sich dem kurdischen Befreiungskampf an. Er selbst träumte bereits als Kind davon, eines Tages Guerillakämpfer zu werden. Die Schule brach er in der Mittelstufe ab und begann zu arbeiten. Als seine Cousins Metin und Zeki Şahin im Freiheitskampf ums Leben kamen, wurde Ibrahim in der revolutionären Jugendbewegung aktiv. Weil er dieses Engagement als unzureichend empfand, ging er 2013 in die Berge.


Seine ersten Erfahrungen als Guerillakämpfer machte Ibrahim in den Bergen von Garzan. Nach einer kurzen Zeit der Praxis kam er aufgrund der damaligen Rückzugsentscheidung von türkischem Staatsgebiet in die Medya-Verteidigungsgebiete, wo er eine Grundausbildung bekam. Die HPG beschreiben Ibrahim als einen fleißigen Menschen mit einer reifen und bescheidenen Persönlichkeit. Mit diesen Eigenschaften entwickelte er sich schnell weiter und übernahm bald Verantwortung in der Kommandantur für die Ausbildung neuer Kämpferinnen und Kämpfer. Er vermittelte seinen Mitkämpfer:innen die apoistische Ideologie und die Genossenschaftlichkeit in der PKK und widmete sich dieser Arbeit mit großer Verbundenheit.


Um sich in allen Bereichen zu professionalisieren, nahm er selbst an weiteren Ausbildungen teil und profitierte dabei von erfahrenen Kommandanten. Danach war er in verschiedenen Regionen und Arbeitsbereichen in den Medya-Verteidigungsgebieten aktiv. In der Praxis gewann er Erfahrung und hielt daran fest, überall seine Mitkämpfer:innen zu motivieren und zu stärken und damit das Leben schöner und den Kampf erfolgreicher zu machen. „Er lebte wie ein Derwisch und kämpfte als Fedai“, schreiben die HPG in ihrem Nachruf. Auf eigenen Vorschlag ging er nach Nordkurdistan und kam in die Region Mêrdîn. Dort nahm er bis zuletzt in führender Position am Kampf teil.

Nurhak Dêrik

Nurhak Dêrik ist in Dêrika Çiyayê Mazî in Mêrdîn geboren und gehörte zum Stamm der Sorkî. Er wuchs im Bewusstsein seiner kurdischen Identität und der für die Region typischen Widerstandstradition auf. Später zog er mit seiner Familie nach Riha-Wêranşar. Dort wurde er in seiner Jugend Zeuge des Widerstands von Kobanê, der einen großen Einfluss auf ihn hatte. Dass Menschen, die er kannte, im Kampf gegen den IS ihr Leben opferten, bedeutete einen Wendepunkt für ihn. 2015 ging er in die Berge und schloss sich der Guerilla an.


Nurhak nahm an einer Ausbildung für neue Kämpfer:innen in Metîna teil. Diese Zeit beschrieb er als einen Schritt in ein neues Leben. Die Guerilla war für ihn ein Umfeld, in dem in schlichtester Form Freiheit gelebt wurde. Diesem Leben widmete er sich mit großer Begeisterung und unermüdlicher Energie. Nach der Grundausbildung blieb er in Metîna und nahm an der praktischen Arbeit teil. Wenn die Situation es erforderte, nahm er jede Gefahr in Kauf, um seine Mitkämpfer:innen zu schützen. Hevaltî, der genossenschaftliche Umgang untereinander, war für ihn der wichtigste Wert in seinem Leben. Er blieb ungefähr drei Jahre in Metîna und war in ständiger Bereitschaft gegen die türkischen Besatzungsangriffe. In dieser Zeit nahm er an Aktionen gegen den Feind teil und entwickelte sich zu einem fähigen Kämpfer.


Nach einer weiteren Fachausbildung ging er 2019 auf eigenen Wunsch als Guerillakämpfer der Demokratischen Moderne nach Nordkurdistan und kämpfte bis zuletzt mit großem Mut und Opferbereitschaft in seiner Heimatregion Mêrdîn.