Gedenken an die Opfer des Genozids von Helebce

In Helebce wird der Opfer des Giftgasangriffs vom 16. März 1988 gedacht.

Giftgasangriff vom 16. März 1988

Um genau 11:30 Uhr Ortszeit stand in Kurdistan für einen Moment die Welt still. Um diese Zeit vor genau 37 Jahren fiel die erste von mehreren 100-Liter-Bomben mit Senfgas, Sarin und anderen Chemikalien, die von der irakischen Luftwaffe auf die kurdische Stadt Helebce abgeworfen wurden. Es war der bis dahin weltweit größte Giftgasangriff auf ein bewohntes Gebiet.

5.000 Tote, 10.000 Verletzte

Mehr als 5.000 der damals rund 70.000 Bewohnerinnen und Bewohner starben binnen weniger Stunden einen qualvollen Erstickungstod, weitere 10.000 erlitten schwere Verletzungen und langfristige Schäden. Noch heute haben die Opfer und ihre Nachkommen mit Spätfolgen zu kämpfen: ungewöhnlich viele Fälle von bösartigem Krebs, Hautkrankheiten, Atemprobleme, Unfruchtbarkeit, Fehlgeburten und angeborene Missbildungen sind nur einige davon. Der Boden und das Wasser in Helebce sind bis heute verunreinigt. Fast alle Opfer waren aus der Zivilbevölkerung, laut einigen Berichten waren bis zu 75 Prozent der Getöteten Frauen und Kinder.

Giftgasangriff auf Helebce Teil der „Anfal-Operation“

Der Angriff auf Helebce erfolgte im Rahmen der „Anfal-Operation“ – unter diesem Namen hatte das Saddam-Regime zwischen 1986 und 1989 in acht Phasen genozidale Maßnahmen an der kurdischen Bevölkerung und den aramäischen, assyrischen und chaldäischen Minderheiten in den nördlichen Regionen des Landes durchgeführt: etwa 182.000 Menschen wurden getötet, mehrere Millionen verletzt und vertrieben und in Konzentrationslagern dem qualvollen Tod durch Hunger und mangelnde Pflege überlassen.

Schweigemarsch durch die Stadt

Mit einer Schweigeminute wurde das diesjährige Gedenken an den Völkermord vom 16. März 1988 in Helebce eingeleitet. Danach zog eine große Menschenmenge schweigend durch die Stadt, vorbei am symbolischen Friedhof, der vor einigen Jahren in Gedenken an die Opfer des Giftgasangriffs angelegt wurde. Hunderte von Grabsteinen liegen symmetrisch angeordnet im Rasen. Ein großes Schild am Eingang erinnert an die Täter und verbietet Baathisten, den Gefolgsleuten des irakischen Diktators Saddam Hussein, den Zutritt. Viele Menschen sprachen Gebete, während es weiter ging bis zum Mahnmal, das an den Völkermord von Helebce erinnern soll.

Helebce prägt Gestern, Heute und Morgen

„Der Giftgasangriff auf Helebce wirkt bis in die Gegenwart hinein, prägt Gestern, Heute und Morgen“, sagte eine Rednerin zur Eröffnung des Bühnenprogramms. Viele Menschen auf Zivilgesellschaft, Kunst und Politik hielten Ansprachen, gedachten der Opfer und richteten Forderungen an den irakischen Staat. Die Zentralregierung in Bagdad wurde aufgefordert, Wiedergutmachung der Schäden zu leisten, die die Opfer des Völkermords, ihre Angehörigen und Nachfahren erlitten haben, und die medizinische und ökonomische Infrastruktur der Region zu verbessern. Dies wäre ein wichtiger Schritt für Gerechtigkeit und Wertschätzung der Opfer, sagte Şêrko Heme Emin, Delegierter des Nationalkongress Kurdistan (KNK). Der Irak würde damit den Schutz der Menschenrechte bekräftigen und ein klares politisches Signal setzen, damit ähnliche Gräueltaten in Zukunft nicht geschehen.

Das Programm der diesjährigen Gedenkveranstaltungen für Helebce ist auf drei Tage ausgelegt. Angekündigt wurden unter anderem Ausstellungen, Podiumsdiskussionen und Vorträge.