Die verlassenen Gärten Kurdistans

Mit der Vertreibung und Zerstörung von über 4000 Dörfern in den 90er Jahren in Nordkurdistan blieben Tausende Weinberge und Gärten unbearbeitet und vertrockneten.

Kurdistan, insbesondere Nordkurdistan, ist eine der fruchtbarsten Regionen der Welt. Jahrtausende nachhaltiger Landwirtschaftsentwicklung haben auch in den trockeneren Regionen blühende Gärten ermöglicht. Doch aufgrund der Kriegspolitik des türkischen Staates wurde die landwirtschaftliche Produktion in der Region praktisch zerstört. In den 90er Jahren vernichtete der türkische Staat über 4000 Dörfer, die Bevölkerung der Orte, die nicht bereit war als staatstreue Paramilitärs, sogenannte Dorfschützer, gegen die kurdische Freiheitsbewegung zu arbeiten, musste die Flucht ergreifen. So verblieben Zehntausende Gärten und Weinberge ohne Pflege. Die Bewässerungssysteme versiegten und die Granatapfelhaine, Weinberge, Maulbeerbäume und viele andere Obstbäume vertrockneten.

Eines dieser Dörfer ist das Dorf Hîzûwê (Aksu) bei Heskîf (Hasankeyf) in der nordkurdischen Provinz Êlih (Batman). Die Bevölkerung hatte sich geweigert, Dorfschützer zu werden und musste in die Städte fliehen. Die zurückgebliebenen Gärten stellen ausgetrocknete Mahnmale der Flucht dar.

Ein Einwohner des Dorfes, dessen Namen wir aus Sicherheitsgründen nicht veröffentlichen, erinnert sich, dass früher die Bevölkerung in Hîzûwê kollektiv lebte und gemeinsam ihren Alltag organisierte. Als allerdings das Dorfschützersystem aufgebaut wurde, mussten viele Menschen aus dem Ort fliehen. „Ich lebe seit meiner Kindheit hier und habe meinen Boden nie verlassen“, erklärt er und betont, er habe trotz all der Repression niemals akzeptiert, Dorfschützer zu werden.

Kommt zurück in eure Dörfer“

Die Wasserversorgung im Ort habe massiv abgenommen, erläutert er: „Wir haben von dem Weinberg, den ich euch gezeigt habe, in dieser Jahreszeit tonnenweise Trauben geerntet und aus dem Saft Pekmes und Bastik hergestellt. Jetzt gibt es nur noch einen Weinberg. Nüsse, Trauben, Maulbeeren und Granatäpfel, all das, wovon wir lebten, ist vertrocknet.“

Er rief die geflohene Bevölkerung zur Rückkehr in das Dorf auf und schloss mit dem Worten: „Ich weiß auch, wie viel ihr gelitten habt, aber kommt dennoch zurück in euer Dorf und nehmt eure Gärten und Weinberge in Anspruch. Alles ist vertrocknet und zerstört. Diese Gegend soll wieder so grün werden wie früher. Das wird geschehen, wenn ihr zurückkommt.“