Türkische Polizei ermittelt gegen migrantisches Kulturfestival in London

Ein von der türkischen Polizei initiiertes Ermittlungsverfahren gegen mehr als 30 Teilnehmer:innen eines Kulturfestivals in London sorgt für Empörung. Betroffen ist unter anderem der in Großbritannien seit Jahrzehnten aktive migrantische Verein Gik-Der.

Vorwurf: Nähe zu „verbotener Organisation“

Die türkischen Sicherheitsbehörden haben ein Ermittlungsverfahren gegen Teilnehmer:innen eines Kulturfestivals in London eingeleitet. Wie aus einem als „geheim“ eingestuften Rundschreiben des türkischen Innenministeriums hervorgeht, wirft die Polizei dem britisch-türkischen Kulturverein Gik-Der Verbindungen zu einer „verbotenen Organisation“ vor – konkret zur Arbeiterpartei Kurdistans (PKK). Gik-Der organisiert das Park Festival in London seit über drei Jahrzehnten.

Nach Angaben des Kulturverein der migrantischen Arbeiter:innen richtet sich das Verfahren gegen mehr als 30 Personen, die an dem Festival im Sommer teilgenommen haben – darunter Sänger:innen, Tänzer:innen, Kunstschaffende sowie Mitglieder eines Kinderprogramms und eines Frauenchors. Die türkischen Behörden forderten offenbar, gegen diese Personen Maßnahmen wie Festnahmen und Verhöre einzuleiten, sollte sich die Gelegenheit ergeben, etwa bei einer Einreise in die Türkei.


Gik-Der: Absurder Kriminalisierungsversuch

Die Ermittlungen stießen in Großbritannien auf breite Kritik. Gik-Der kündigte an, rechtlich gegen die türkischen Behörden vorzugehen und sprach von einem „absurden Kriminalisierungsversuch“. Der Verein war in der Vergangenheit unter anderem von der britischen Königin Elisabeth II. für sein soziales Engagement während der Corona-Pandemie ausgezeichnet worden.

Bei einer Pressekonferenz in London rief die Ko-Vorsitzende von Gik-Der, Bedriye Avcil, gemeinsam mit dem Rechtsanwalt Mehmet Ovayolu zu gesellschaftlicher Solidarität auf. „Kulturveranstaltungen und das Singen traditioneller Lieder können nicht als Straftat gewertet werden“, sagte Ovayolu. Man werde juristisch gegen die Ermittlungen vorgehen und eine Klage gegen die Verantwortlichen in der Türkei vorbereiten.

Kritik weiterer Migrantenverbände

Auch weitere Organisationen wie die Alevitische Föderation Großbritannien, das Kurdische Gesellschaftszentrum London und die Konföderation für Demokratische Rechte in Europa (ADHK) kritisierten die Maßnahmen. Sie sprachen von einem Versuch, ein „Klima der Angst“ in der Diaspora zu schaffen.

Der kurdische Autor Ali Poyraz warnte vor zunehmender Repression gegen migrantische Selbstorganisationen: „Wenn Institutionen unter Generalverdacht gestellt werden, ist das ein Angriff auf kollektives Vertrauen. Die Antwort darauf muss Solidarität sein.“ Die Betroffenen wollen sich juristisch zur Wehr setzen. „Singen, Tanzen oder Malen kann kein Verbrechen sein“, erklärten sie.