„Turgut Öker ist Opfer der türkischen Willkürjustiz“

Der Kölner Turgut Öker darf die Türkei nicht verlassen, weil ihm Präsidentenbeleidigung und Terrorpropaganda vorgeworfen wird. Der Ehrenvorsitzende der Alevitischen Gemeinde Deutschland wird als „deutscher Agent“ bezeichnet.

In der Türkei steht der Kölner Turgut Öker, der seit über zwanzig Jahren die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, wegen Präsidentenbeleidigung und Terrorpropaganda vor Gericht. Ihm wird vorgeworfen, sich als Redner unter anderem auf dem Kölner Neumarkt und in den sozialen Medien kritisch gegenüber der türkischen Regierung und Präsident Erdoğan geäußert zu haben. Der Prozess wird am 18. Juni 2020 in Istanbul - sofern der Termin nicht wieder verschoben wird - fortgesetzt.

Der ehemalige HDP-Abgeordnete Turgut Öker ist gemeldet in Köln, befindet sich aber in der Türkei, das Gericht hat ein Ausreiseverbot gegen ihn verhängt. Er ist Vorsitzender der Alevitischen Union Europa (AABK) und Ehrenvorsitzender der Alevitischen Gemeinde Deutschland (AABF) mit Sitz in Köln, welche er von 1999 bis 2012 als Bundesvorsitzender vertrat. Gegen seine erneute Kandidatur als Abgeordneter der HDP bei den Parlamentswahlen in der Türkei vor zwei Jahren hatte der Wahlausschuss wegen einer Vorstrafe ein Veto eingelegt.

Aleviten, die zweitgrößte Religionsgruppe in der Türkei, werden von der türkischen Regierung verfolgt und diskriminiert; von Minderheitenrechten kann in der Türkei keine Rede sein. Die Aleviten geraten unter der AKP Regierung und Präsident Erdoğan im In- und Ausland immer mehr unter Druck. So beabsichtigt die türkische Regierung, alevitische Geistliche von der staatlichen Behörde für Religionsangelegenheit (Diyanet) ausbilden zu lassen und sie dann alevitischen Gemeinden sowohl in der Türkei als auch in Deutschland aufzuzwingen.

Die Kölnerin Tanja Benckendorf, die Turgut Öker persönlich kennt und den Fall seit langer Zeit verfolgt, erklärte gegenüber ANF: „Turgut Öker hat sich als langjähriger Vorsitzender der Alevitischen Gemeinde Deutschland e.V. über viele Jahre in hohem Maße für die Integration der rund 700.000 in Deutschland lebenden Aleviten eingesetzt, dies scheint ihm nun zum Verhängnis zu werden. Es war Turgut Ökers Lebensziel, ja seine Herzensangelegenheit, stets dazu beizutragen, dass die Aleviten fest in die deutsche Gesellschaft integriert sind und sie in Deutschland, wo sie in einer Demokratie und somit in Freiheit leben können, dazu zu motivieren, von ihrer Religionsfreiheit Gebrauch zu machen, da dies in der Türkei unmöglich ist. Nun ist er Opfer der türkischen Willkürjustiz geworden und ihm droht eine mehrjährige Haftstrafe. AKP-Führungskräfte bezeichnen ihn als ‚deutschen Agenten‘. Die AKP-Regierung möchte ihn an seiner Arbeit für die Aleviten in Deutschland und in ganz Europa hindern. Dass die Aleviten in Deutschland als Glaubensgemeinschaft anerkannt sind, ist der AKP unter Erdoğan ein Dorn im Auge.“