Erdogan not welcome: Ein Ende der Waffen-Partnerschaft!

Zwischen Deutschland und der Türkei besteht eine seit über 150 Jahren andauernde Waffenbrüderschaft. Es wäre zu kurz gegriffen, die Rolle der Bundesrepublik als die eines reinen Erfüllungsgehilfen der Türkei zu begreifen.

Am 12. September jährte sich der NATO-Militärputsch von 1980, welcher in der Türkei als Schlag gegen revolutionäre linke Bewegungen stattfand. Anhand der Vorgeschichte des Putsches und an der deutschen Beteiligung lässt sich ein Kapitel der Waffenbrüderschaft der beiden Länder beleuchten. So war die Bundesrepublik die erste, die internationale Abkommen mit der Putschjunta unterzeichnete. Zuvor schon intensivierten sich die Beziehungen (erneut) mit dem NATO-Beitritt der Türkei 1953 und dem der Bundesrepublik 1955. Neben Rüstungshilfe und der Ausbildung türkischer Offiziere in Hamburg und Munster lebten besonders die Waffenlieferungen auf, deren Milliardenprofite von der Bundesregierung abgesichert wurden.

„Einzig und allein eine starke Türkei ermöglicht große Aussichten“

Das alles begann schon in den Zeiten der Kolonialbestrebungen des Deutschen Reiches, welches das Osmanische Reich als wichtigstes Operationsfeld für seine imperialistischen Bestrebungen ausmachte. Deutsche Offiziere bildeten ab 1882 in der türkischen Armee aus, politischer Einfluss und lukrative Rüstungsgeschäfte gingen damit Hand in Hand. Als prestigeträchtiges Instrument zur Erschließung neuer Absatzmärkte, auch in Mesopotamien, und gleichzeitig zur militärischen Erschließung fungierte die Bagdad-Bahn.

So gilt auch bis heute die Aussage des deutschen Kolonialstrategen Paul Rohrbach von 1902: „Einzig und allein eine politisch und militärisch starke Türkei ermöglicht es uns, dafür zu sorgen, dass die großen Aussichten, welche sich in den Ländern am Euphrat und Tigris für die Vergrößerung unseres Nationalvermögens und die Verbesserung unserer wirtschaftlichen Bilanz bieten, auch wirklich mit einiger Sicherheit in die Sphäre der realen Existenz übergehen können. Für eine schwache Türkei keinen Pfennig, für eine starke, soviel nur irgend gewünscht wird.“

Das Projekt der Jungtürken, die Schaffung eines ethnisch reinen Nationalstaates, führte zum Genozid an den Armeniern. Dabei involviert und aktiv unterstützend: deutsche Diplomaten und deutsche Militärs. Die ideologische Nähe der Regierungen in Ankara und Berlin in den 1930ern geht weiter einher mit ökonomischer und militärischer Kooperation. Die Phase gegen Ende des Zweiten Weltkrieges, in welcher sich die beiden Mächte auf gegnerischen Seiten befanden, wurde bald wieder abgelöst von der erwähnten erneut entflammten Freundschaft innerhalb der NATO.

Internationale Bewegung für Demokratie und Freiheit

Neben den Interessen des deutschen Kapitals, für welches die Türkei (und darüber hinaus der Mittlere Osten) ein wichtiger Absatzmarkt bildet, gilt die Türkei auch als geopolitisch wichtiger Partner. Militärisches Sprungbrett in den Nahen Osten und zugleich die Rolle als Türsteher Europas - für die herrschenden Klassen gibt es viele Gründe, die Stabilität der Türkei zu wahren und diese als starken Partner zu binden.

So überrascht das Vorgehen der Bundesrepublik gegen die PKK seit Ende der 1980er Jahre nicht. Während der Krieg gegen die kurdische Bevölkerung, die Bombardierung ganzer Städte und Dörfer 1993, die systematische Zerstörung von Natur und Lebensgrundlagen von den äußeren Mächten toleriert, sogar unterstützt wurde – beispielsweise durch Panzer oder Sicherheitstechnik-, lässt die Bundesrepublik kurdische Oppositionelle auch in Deutschland verhaften und im Rahmen des PKK-Verbots seit 25 Jahren Vereine schließen, Demonstrationen verbieten und kulturellen Ausdruck verhindern. So wäre es zu kurz gegriffen, die Rolle der Bundesrepublik als den eines reinen Erfüllungsgehilfen der Türkei zu begreifen. Vielmehr ist es ein gemeinsamer Kampf gegen die kurdische Freiheitsbewegung. Der Kampf der Bewegung für Demokratie und Freiheit ist ein internationaler und gibt auch emanzipatorischen Kräften hier Kraft und Hoffnung.

Gegen Erdoğan auf die Straße gehen, heißt also auch, auf der Straße gegen alle herrschenden kapitalistischen Mächte zu protestieren, die Profit über Demokratie und Menschenrecht stellen.