Jahrestag des internationalen Komplotts
In der Autonomieregion Nord- und Ostsyrien herrschte am Samstag Stillstand. Nahezu alle Geschäfte blieben geschlossen, der Straßenverkehr kam zum Erliegen. Grund waren Massendemonstrationen in zahlreichen Städten für die Freiheit Abdullah Öcalans. Der Begründer der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) wurde am 15. Februar 1999 mit einer internationalen Geheimdienstoperation aus Kenia entführt und auf die türkische Gefängnisinsel Imrali gebracht. Dieser völkerrechtswidrige Piratenakt hatte mit der erzwungenen Ausreise Öcalans aus Syrien am 9. Oktober 1998 seinen Anfang genommen – ein Ereignis, das von vielen Kurdinnen und Kurden auch als „Roja Reş“ (dt. Schwarzer Tag) bezeichnet wird.
Großdemonstration in Kobanê
Zuvor hatte Öcalan sich zwanzig Jahre in Syrien und im Libanon aufgehalten und mit seiner Arbeit den Grundstein für die Revolution von Rojava gelegt. Die Selbstverwaltung in Nord- und Ostsyrien basiert auf seinem Konzept einer demokratischen Nation, das alle gesellschaftlichen Gruppen in den Aufbau eines demokratischen Zusammenlebens einbezieht. Dieses Paradigma erarbeitete er während seiner Isolationshaft auf der türkischen Gefängnisinsel Imrali, die seit nunmehr 26 Jahren andauert. Um das Ende der Haft Öcalans und seine Freiheit einzufordern, damit er unter freien Bedingungen einen Lösungsprozess für die kurdische Frage führen kann.
Eine der größeren Demonstration fand in Kobanê statt, die zentrale Botschaft lautete: „Abdullah Öcalans Freiheit ist auch unsere Freiheit, der Widerstand der Völker wird die Isolation durchbrechen“. Nach Angaben der Kantonsverwaltung beteiligten sich mehrere zehntausend Menschen an einem Marsch, der am Platz der freien Frau startete und bis zur 48. Straße führte. Viele Beteiligte führten Fahnen mit dem Konterfei Öcalans auf gelbem Hintergrund mit und trugen Bilder von Gefallenen der Revolution. „Bijî Serok Apo“ und „Bê Serok Jiyan Nabe“ – zu Deutsch: Lang lebe der Vorsitzende Apo und Kein Leben ohne ihn – waren zwei der Parolen, die immer wieder lautstark skandiert wurden. Als der Demonstrationszug in eine Kundgebung mündete, wurden Reden gehalten.
Demonstrantin in Kobanê
Öcalans Botschaft als Lichtbringer
Arîn Ehmed von der Koordination der Frauenbewegung Kongra Star beschrieb das „internationale Komplott“, wie die kurdische Bevölkerung die Zeitspanne zwischen Öcalans Ausreise aus Syrien und seine Entführung in die Türkei bezeichnet, als einen „Überfall faschistischer Staaten zur Vernichtung der Kurdinnen und Kurden“. „Die Dunkelheit, die am 15. Februar 1999 über unser Volk hereinbrach, wird schon bald von einem Lichtbringer vertrieben“, sagte Ehmed. Die Aktivistin verwies auf die schon bald erwartete Botschaft Öcalans zur Lösung der kurdischen Frage. „Wir sind überzeugt: Sobald Rêber Apo frei ist, werden die Freiheits- und Demokratieprobleme in unserer Region und anderen Ländern des Nahen Ostens gelöst werden. Es ist schon lange an der Zeit. Lasst Abdullah Öcalan endlich frei“, forderte sie.
Kundgebung in Hesekê
In Hesekê fand eine große Kundgebung statt, an der sich auch Menschen aus den benachbarten Gemeinden Hol, Şedadê und Til Berak beteiligten
Demonstration in Tabqa
In Tabqa gab es ebenfalls eine Demonstration mit anschließender Kundgebung. Als Sprecher trat Riyad al-Wali von der Rojava-Koordination der Initiative „Freiheit für Abdullah Öcalan“ auf. Er sagte: „Wir sind hier, wir sind eins und wir fordern: Nieder mit den Kräften des Komplotts, nieder mit der türkischen Besatzung. Freiheit für Rêber Apo.“
Kundgebung im Qamişlo-Stadion
In Qamişlo veranstaltete die lokale Öcalan-Initiative eine Großkundgebung im Stadion der Stadt. Die politischen Repräsentant:innen der verschiedenen Bevölkerungsgruppen zogen mit eigenen Blöcken ins Stadion und wurden mit Applaus und Bravorufen geehrt. Mit dabei waren unter anderem der Rat der Suryoye-Frauen, die bei ihrer Ankunft „Nieder mit den Mauern von Imrali“ riefen. Die Revolutionär-Kommunistische Bewegung Syriens trug ein Transparent mit sich, auf dem die Aufschrift „Für einen gerechten, demokratischen und würdevollen Frieden – Lasst Abdullah Öcalan frei“ zu lesen war. Die PYD-Politikerin Foza Yûsif hielt eine Rede, in der sie sagte: „Die Kräfte des Komplotts vom 15. Februar hatten zum Ziel, den freiheitlichen Willen der Völker zu unterwerfen. Das ist ihnen schon damals nicht gelungen und wird es auch künftig nicht.“
Revolutionäre Grüße an Abdullah Öcalan aus Dêrik
In Dêrik fand ebenfalls eine Demonstration statt. Der Ko-Vorsitzende der PYD, Xerîb Hiso, sandte „revolutionäre Grüße“ an Abdullah Öcalan. „Alle Errungenschaften Nord- und Ostsyriens sind das Ergebnis des jahrzehntelangen Befreiungskampfes der kurdischen Bewegung, die er anstieß. Dass die Völker unserer Region trotz Angriffen, trotz Kriegen, trotz Gewalt geschlossen hinter ihm stehen, sollte den internationalen Mächten den Anstoß geben, eine Tatsache zu akzeptieren: Die Garantie unserer Existenz liegt in den Ideen Abdullah Öcalans, die wir hier umsetzen. Und für unsere Existenz kämpfen wir.“
Weitere Protestveranstaltungen fanden unter anderem in Raqqa, Deir ez-Zor und Aleppo statt.