Rassistischer Anschlag in Hanau
Fünf Jahre nach dem Anschlag in Hanau, bei dem ein deutscher Rassist neun Menschen aus rassistischen Motiven ermordete, haben sich am Samstagnachmittag Hunderte Menschen auf dem Hanauer Marktplatz versammelt. Die Kundgebung, an der bis zu 1.500 Menschen teilnahmen, stand unter dem Motto: „Erinnern heißt verändern“.
In ihren Reden forderten die Organisator:innen Konsequenzen aus der Tat, strukturelle Veränderungen und ein entschiedenes Zeichen gegen Rassismus sowie gegen jegliche Angriffe auf das gesellschaftliche Zusammenleben. Der Aktivist Eren Okcu betonte: „Alle Angriffe sind Angriffe auf das Zusammenleben.“
Auch die Gründerin der Bildungsinitiative Ferhat Unvar, Serpil Temiz Unvar, hielt eine bewegende Rede. „Ein deutscher Rassist hat meinen Sohn von mir genommen - dennoch habe ich nie gesagt, dass alle Deutschen Täter sind. Genauso kann man das auch nicht mit Migranten machen, wenn sie Täter sind: Nicht alle Migranten sind Täter. Wir müssen zusammenhalten! Man versucht uns zu spalten.“
Im Gespräch mit ANF berichtete Serpil Temiz Unvar, dass sie sich am ersten Jahrestag noch wie in Trance gefühlt habe, aber heute nach fünf Jahren bewusste Schritte setze. Insbesondere junge Menschen hätten sie dabei unterstützt. Dennoch sei der Schmerz unverändert. Sie betonte: „Ich will kein Mitleid, sondern Mitgefühl, denn ich beharre auf Empowerment. Ferhat hat Mitleid gehasst - deshalb lehne ich das auch ab, denn dieser Kampf ist für ihn.“
Bei der Veranstaltung wurde an die neun Opfer des Anschlags vom 19. Februar 2020 erinnert: Ferhat Unvar, Vili Viorel Păun, Gökhan Gültekin, Sedat Gürbüz, Said Nesar Hashemi, Mercedes Kierpacz, Hamza Kurtović, Fatih Saraçoğlu und Kaloyan Velkov. Auch die Hinterbliebenen der Familien Unvar, Gürbüz und Kurtović waren anwesend.
Trotz des Gedenkens bleibt die juristische Aufarbeitung für die Hinterbliebenen eine Enttäuschung. Erst kürzlich scheiterten zwei Strafanzeigen von Familienangehörigen, die eine Wiederaufnahme der Ermittlungen erreichen wollten. Anfang Februar hatten die Eltern von Hamza Kurtović eine Strafanzeige eingereicht, in der sie darauf hinwiesen, dass der Notausgang der Arena Bar, in der ihr Sohn erschossen wurde, zum Tatzeitpunkt verschlossen war. Die Staatsanwaltschaft Hanau lehnte eine Wiederaufnahme der Ermittlungen jedoch ab. Die Eltern kündigten eine Beschwerde gegen die Einstellung an, berichtete der Hessische Rundfunk.
Zum heutigen Jahrestag des Anschlags sind bundesweit Gedenkveranstaltungen geplant. Die Forderung nach Konsequenzen und Veränderungen bleibt weiterhin laut. Die Initiative 19. Februar Hanau und andere Organisationen rufen dazu auf, das Gedenken an die Opfer aufrechtzuerhalten und sich weiterhin gegen Rassismus und gesellschaftliche Spaltung einzusetzen.