Der für den heutigen Montag anberaumte Prozessauftakt gegen die Aktivistin Berivan Ayub Hassan ist verschoben worden. Wie ein Sprecher des 2. Strafgerichts von Hewlêr (Erbil) erklärte, sei der für den Fall der 36-Jährigen zuständige Richter aufgrund eines Verkehrsunfalls innerhalb der Familie verhindert gewesen. Der neue Termin wurde auf den 28. Februar angesetzt.
Berivan Ayub Hassan befindet sich seit dem 13. Oktober 2020 in Hewlêr in Untersuchungshaft. Sie wird beschuldigt, PKK-Mitglied zu sein und als solches die „nationale Sicherheit“ der Autonomieregion untergraben zu haben. Der Vorwurf steht im Zusammenhang mit den Massenprotesten in der Behdînan-Region gegen ausbleibende Löhne der Beamtenschaft, grassierende Korruption, mangelnde staatliche Dienstleistungen sowie die sehr hohe Arbeitslosigkeit in Südkurdistan. Vielerorts waren die Sicherheitskräfte der Regierungsparteien PDK und YNK damals mit großer Brutalität gegen die Demonstrierenden vorgegangen. In der Folge war es zu Festnahmewellen gekommen, bei denen mehr als hundert Aktivist:innen, Journalist:innen und Lehrkräfte verhaftet wurden. Ein Teil der Betroffenen, darunter mehrere Medienschaffende, wurden bereits zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt.
Berivan Ayub Hassan
Der Fall von Berivan Ayub Hassan ist besonders dramatisch: Die Mutter von fünf Kindern lebte bis zu ihrer Festnahme in Dihok. Kurz nach ihrer Verhaftung trennte sich der Ehemann von ihr. Sechzehn Monate dauert ihre Untersuchungshaft bereits an, ihren Verteidiger Bashdar Hassan konnte sie erst nach einem Jahr sehen. Ihre Kinder durften sie kein einziges Mal besuchen. Um dagegen und die lange Zeit ohne Anklage im Gefängnis zu protestieren, ist Berivan Ayub Hassan sechs Mal in einen Hungerstreik getreten, jeweils für zwanzig Tage. Nach dem letzten Nahrungsentzug ist sie an Diabetes erkrankt. Der Zugang zu einer angemessenen gesundheitlichen Versorgung wird ihr in Haft verwehrt. Rechtsanwalt Bashdar Hassan hofft, dass sie beim Termin in zwei Wochen freigelassen wird. Ob das Verfahren zu dem Zeitpunkt überhaupt stattfinden wird, ist allerdings mehr als fraglich. Der Prozessauftakt wurde zuvor bereits zwei Mal verschoben.