„Jineolojî ist wie eine Blume in der Wüste“
Studierende der Sozialen Arbeit an der Hochschule Emden/Leer diskutierten mit der Jineolojî-Fakultät der Rojava Universität per Video-Telefonat.
Studierende der Sozialen Arbeit an der Hochschule Emden/Leer diskutierten mit der Jineolojî-Fakultät der Rojava Universität per Video-Telefonat.
Zum Abschluss eines dreitätigen Blockseminars „Jineolojî – eine neue Sozialwissenschaft aus der kurdischen Frauenbewegung“ haben neun Studierende der Sozialen Arbeit zwei Stunden lang per Skype einen direkten Austausch mit Vertreterinnen der Jineolojî-Fakultät in Rojava geführt. Die beiden Frauen der Fakultät der Rojava Universität in Qamişlo in Nordsyrien begrüßten die sechs Frauen und drei Männer an der Hochschule Emden/Leer per Video-Telefonat. Auch als die Verbindung so schwach war, dass die einführende Ansprache in Deutschland nur abgehackt und unverständlich ankam, wurde nicht aufgegeben. Auf Vorschlag der Studierenden wurde auf den Austausch im Live-Chat gewechselt und mit viel Geduld und Konzentration über zwei Stunden weitergeführt. Die Motivation war sehr hoch auf beiden Seiten. Erst kurz bevor in Rojava der Strom zu Ende ging, wurde sich mit Videobildern und großer Dankbarkeit verabschiedet.
„Jineolojî ist wie eine Blume in der Wüste“, sagte ein Student am Morgen vor dem Gespräch. Die Studierenden hatten sich die Jineolojî mit Grundlagentexten und eigenen Referaten vorbereitend auf das Seminar erarbeitet. Im Seminar wurde das Verständnis vertieft: die Geschichte der westlichen und der kurdischen Frauenbewegungen, die Kritik der bestehenden Sozialwissenschaften, die Grundideen und Anwendungsgebiete der Jineolojî, der Gesellschaftsvertrag und die Frauengesetze im selbstverwalteten Nordsyrien, das Frauendorf Jinwar sowie die Veränderung patriarchaler Beziehungsformen und gesellschaftlicher Geschlechterrollen, insbesondere auch der Männlichkeit.
Diese neue Wissenschaft vom Frauenstandpunkt, die als gesellschaftliches Projekt entwickelt wird, mit ihren weitreichenden Veränderungen der Denk- und Lebensweisen zu neuen Formen der Basisdemokratie, der Geschlechterbefreiung und Ökologie, entsteht unter widrigen Bedingungen – wie Wachstum und Erblühen in der Wüste. Denn insbesondere der militärische Angriff der Türkei und die Bedrohungen durch den IS zielen darauf, solche emanzipatorischen Bestrebungen zu ersticken. Die Studierenden fragten immer wieder, auch im Chat, wo die Hoffnung hergenommen wird, solch große Veränderungen unter so schwierigen Bedingungen zu verfolgen.
Am Ende wurde vereinbart, die nicht gestellten Fragen per E-Mail zuzusenden und im Austausch zu bleiben. Der Fachbereich Soziale Arbeit und Gesundheit der Hochschule Emden/Leer unterstützt den wissenschaftlichen Austausch mit der Jineolojî-Fakultät der Rojava Universität.