Istanbuler Oberbürgermeister Ekrem Imamoğlu verhaftet

Vier Tage nach seiner Festnahme hat ein türkisches Gericht die Inhaftierung des Istanbuler Oberbürgermeisters Ekrem Imamoğlu angeordnet. Die CHP will den 53-Jährigen heute trotzdem zum Kandidaten für die Präsidentschaftswahl 2028 nominieren.

Erdoğan räumt größten Rivalen aus dem Weg

Vier Tage nach der Festnahme des Istanbuler Oberbürgermeisters Ekrem Imamoğlu hat ein türkisches Gericht seine Inhaftierung angeordnet. Die Entscheidung wurde am Morgen von einer Strafabteilung des im Justizpalast Çağlayan angesiedelten Amtsgerichts Istanbul wegen „Korruption“ getroffen. Neben dem CHP-Politiker ordnete das Gericht auch gegen 23 weitere Personen Untersuchungshaft an. Unter ihnen befinden sich mehrere Parteigänger des Oberbürgermeisters, darunter die Bezirksbürgermeister von Şişli und Beylikdüzü Resul Emrah Şahan sowie Mehmet Murat Çalık, Mitarbeitende der Stadtverwaltung und der Direktor des Bauunternehmens von Imamoğlu, das von den Behörden bereits beschlagnahmt worden ist.

Diverse Vorwürfe, darunter PKK-Unterstützung

Imamoğlu war mit etwa hundert weiteren Beschuldigten begleitet von einem großen Polizeiaufgebot am Samstagabend zum Justizpalast gebracht worden. Dort wurde er in der Nacht zwei Mal verhört. Außer Korruption bei Ausschreibungen der Istanbuler Stadtverwaltung und Erpressung wird dem 53-Jährigen auch Unterstützung der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK). Dabei geht es um den „Stadtkonsens“, einer Strategie der DEM-Partei und diversen gesellschaftlichen Gruppen im vergangenen Kommunalwahlkampf. Auf dieser Basis wurden in zahlreichen Städten gemeinsame Kandidatenlisten erstellt. Die Staatsanwaltschaft behauptet, dass die Initiative für diese Politik von der PKK ausgegangen sei.

Anschuldigungen von anonymen Zeugen

Bereits am Samstag war Imamoğlu mehrstündigen Polizeiverhören unterzogen worden. Nach Angaben des Rathauses sagte er, die „unmoralischen und unbegründeten Vorwürfe“ zielten darauf ab, sein „Ansehen“ und seine „Glaubwürdigkeit“ zu untergraben. Das Vorgehen gegen ihn habe nicht nur das internationale Ansehen der Türkei beschädigt, sondern auch das Gerechtigkeitsgefühl der türkischen Öffentlichkeit und das Vertrauen in die Wirtschaft, so der Politiker. Laut durchgesickerten Gerichtsunterlagen beziehen sich die Vorwürfe gegen Imamoğlu hauptsächlich auf die Aussagen „anonymer Zeugen“.

Festnahme löst größte Massenproteste seit Gezi aus

Die Festnahme des CHP-Politikers hatte in den vergangenen Tagen die größten Proteste in der Türkei seit den Gezi-Protesten von 2013 ausgelöst: Hunderttausende Menschen gingen dagegen landesweit auf die Straße, trotz massiven Polizeiaufgeboten und Demonstrationsverboten.Die Polizei ging mit Pfefferspray, Tränengas und Wasserwerfern gegen die Demonstrierenden vor. Hunderte Menschen wurden festgenommen. Innenminister Ali Yerlikaya erklärte am Sonntag, 323 Personen seien in Gewahrsam genommen worden. „Keinerlei Versuch, die öffentliche Ordnung zu gefährden, wird geduldet“, betonte der Minister. Bereits am Samstag waren über 300 Festnahmen gemeldet worden.

Imamoğlu gilt als aussichtsreichster Konkurrent von Langzeitmachthaber Recep Tayyip Erdoğan. Die CHP will ihn heute trotz seiner Verhaftung offiziell zum Kandidaten der Partei für die Präsidentschaftswahl 2028 nominieren.