Trotz angekündigtem Waffenstillstand
Ungeachtet des angekündigten Waffenstillstands der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) will das Bundesministerium an deren Einstufung als „Terrororganisation“ nichts ändern. „Die PKK ist mit ihren etwa 14.500 Anhängern in Deutschland die mitgliederstärkste terroristische Vereinigung auf deutschem Boden“, sagte ein Ministeriumssprecher dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“. Der „strategische Gewaltverzicht“ in Deutschland dürfe darüber nicht hinwegtäuschen.
„Vielmehr geben bislang die Aktivitäten der PKK im Hinblick auf die logistische und finanzielle Unterstützung der Gesamtorganisation ebenso Anlass zur Sorge wie zum Beispiel die Rekrutierung junger Menschen in Deutschland für den bewaffneten Kampf im Ausland“, fügte der Sprecher hinzu. Aus Sicht der Bundesregierung bestehe daher im Moment noch kein Anlass zu einer Neubewertung der PKK.
Die Formulierung, die PKK habe den Waffenstillstand aus strategischen Gründen ausgerufen, impliziert eine Unterstellung des Innenministeriums, die allem bisherigen Handeln der PKK widerspricht. Es ist nicht das erste Mal, dass die kurdische Arbeiterpartei einen (einseitigen) Gewaltverzicht ausgerufen hat, den der türkische Staat entweder nicht akzeptierte oder brach.
Die 1978 gegründete PKK hatte am Samstag einen Waffenstillstand mit der Türkei verkündet. Die Organisation reagierte damit auf einen Aufruf ihres Mitbegründers Abdullah Öcalan. Der seit 1999 auf der türkischen Gefängnisinsel Imrali inhaftierte Vordenker der kurdischen Bewegung hatte am Donnerstag in einer historischen Erklärung seine Partei zum Niederlegen der Waffen und einer Selbstauflösung aufgerufen. Der Schritt solle den Weg zu Frieden sowie einer würdevollen Lösung der Kurdistan-Frage und Demokratisierung der Türkei ebnen. Doch sowohl Abdullah Öcalan als auch die PKK knüpfen eine vollständige Umsetzung an Bedingungen. Es müsste ein politischer und demokratischer Rahmen für einen erfolgreichen Ablauf geschaffen werden. Zudem müsse Öcalan freilassen werde, damit er den Entwaffnungsprozess leiten könne. | Foto © Yann Renoult
Das Innenministerium begründet seine Entscheidung, die PKK weiterhin als terroristisch zu bewerten mit ihren alten „Sorgen“ wie etwa, die kurdische Bewegung würde in Deutschland junge Menschen für den Guerillakampf in Kurdistan rekrutieren, wofür es keine Beweise gibt. Zudem wäre dies mit Einstellung des bewaffneten Kampfes hinfällig. Diese Sorge entbehrt daher jeder Logik.
In Deutschland leben etwa 1,5 Millionen Kurd:innen. Sie alle hoffen auf Frieden, nicht nur in Kurdistan, sondern auch im Exil. Auf ein Leben, das nicht von Diffamierung, Ausgrenzung und Verfolgung geprägt ist. Die Botschaft des Innenministeriums in dieser Zeit des Umbruchs und der Hoffnung ist für die Kurd:innen wie ein Schlag ins Gesicht.
Statt eine aktive Rolle bei dem von Abdullah Öcalan eingeleiteten Friedensprozess zu spielen und sich als Vermittler anzubieten, verweigert sich die Bundesregierung und hält fest an ihrer Einstufung der PKK als „terroristisch“. An der Verbotspolitik und Stigmatisierung der kurdischen Community in Deutschland wird sich also nichts ändern. Ein fatales Signal der Unversöhnlichkeit. Schade.