BGH bestätigt Rechtmäßigkeit „stiller SMS“ gegen Kurden
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat im Revisionsverfahren des verurteilten kurdischen Aktivisten Ali Hıdır Doğan die heimliche Ortung per stiller SMS für rechtmäßig erklärt.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat im Revisionsverfahren des verurteilten kurdischen Aktivisten Ali Hıdır Doğan die heimliche Ortung per stiller SMS für rechtmäßig erklärt.
Seit geraumer Zeit ist die heimliche Ortung Verdächtiger per stiller SMS in Deutschland als Eingriff in die Privatsphäre umstritten. Im Revisionsverfahren des nach Paragraf 129b des Strafgesetzbuches verurteilten kurdischen Aktivisten Ali Hıdır Doğan hat der BGH diese Methode jetzt für rechtmäßig erklärt, sofern ein Verdacht auf Straftaten von „erheblicher Bedeutung" vorliege.
Beim Einsatz stiller SMS zeigt das Empfangsgerät den Eingang der Textnachricht nicht an und wird daher vom Nutzer nicht bemerkt. Dennoch wird eine Funkverbindung zum nächstgelegenen Mobilfunksendemast aufgebaut, über die die Position des Empfängergeräts unerkannt ermittelt wird. Jede Positionsänderung wird den Ermittlern angezeigt.
Die umstrittene Überwachungstechnik wird laut Berichten aus dem vergangenen Jahr massenhaft von Verfassungsschutz, BKA und Bundespolizei eingesetzt. Auch im Ermittlungsverfahren gegen Ali Hıdır Doğan, der im März 2017 vom Landgericht Berlin wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verurteilt wurde, wurden stille SMS eingesetzt. In seiner Revision wurden zahlreiche Verfahrenshindernisse geltend gemacht, darunter auch die fehlende rechtliche Grundlage der Überwachung per stiller SMS.
Der BGH wies die Revision zurück und erklärte die Methode für rechtmäßig, sofern sie der Ermittlung von Straftaten von erheblicher Bedeutung dient.
Verteidigung Kobanês gegen den IS als Straftat gewertet
Das Berliner Landgericht hatte auch Aufrufe Doğans für die 2014 vom Islamischen Staat (IS) angegriffene nordsyrische Stadt Kobanê als Aktivität für eine terroristische Vereinigung im Ausland und somit als Straftat gewertet.
In Deutschland sind in den vergangenen Jahren über zehn Kurden als PKK-Mitglieder zu Haftstrafen zwischen zwei und dreieinhalb Jahren verurteilt worden, ohne dass ihnen eine konkrete Straftat vorgeworfen wurde. Neben Ali Hıdır Doğan hatten sich auch Bedrettin Kavak, Mehmet Demir, Mustafa Çelik, Kenan Baştu, Ali Özel, Ahmet Çelik, Zeki Eroğlu und Muhlis Kaya in monatelang andauernden Prozessen politisch verteidigt und auf die Legitimität des kurdischen Befreiungskampfes hingewiesen.
Anträge kurdischer Aktivisten auf Aufhebung der seit 2010 geltenden Verfolgungsermächtigung nach dem Anti-Terror-Paragrafen 129b durch das Justizministerium waren erfolglos. Ein entsprechendes Verfahren vor dem Verfassungsgericht ist noch nicht entschieden.