Zürich: Straßenblockade für Rojava

In Zürich ist für zwei Stunden ein zentraler Knotenpunkt für den Verkehr gesperrt worden, um auf den türkischen Angriffskrieg gegen Nordsyrien aufmerksam zu machen und Solidarität mit der Frauenrevolution von Rojava zu bekunden.

Mitten im Feierabendverkehr ist der Albisriederplatz gestern Abend in Solidarität mit Rojava und Nordostsyrien für zwei Stunden blockiert worden. Die Aktivist*innen teilen zu ihrer Aktion mit:

„Wir - Frauen, Lesben, Trans, Inter, Nonbinary, Queers und weitere aus Zürich und überall - haben uns zu dieser Blockade entschieden, denn wir schweigen nicht zum Krieg in Rojava. Wir folgen dem Aufruf: Women Defend Rojava!

Wir blockieren den Alltag - den Feierabendverkehr, die Busse und Trams, die Autos und Velos - und setzen ein wütendes, feministisches und solidarisches Zeichen gegen den türkischen Angriffskrieg in Nordostsyrien und für ein freies, selbstbestimmtes Leben!

Frauenrevolution und Freiheitsbewegung in Rojava

Das Gebiet in Nordostsyrien wird seit Beginn der Revolution 2012 als freie und autonome Zone verwaltet. Die kurdische, assyrische, armenische, arabische, alevitische und syrianische Freiheitsbewegung in Rojava und Nordostsyrien ist keine Bewegung eines einzelnen Volkes. In Rojava kämpfen Frauen, Queers und Menschen aus der Region und aller Welt gemeinsam für eine solidarische Gesellschaft, deren Ideen und Praxen außerhalb der Logik der kapitalistischen Staaten funktionieren. Selbstorganisiert und entschlossen bauen sie eine emanzipatorische und ökologische Gesellschaft in einem langwierigen und anspruchsvollen Prozess. Die Frauenrevolution ist der Kern dieser Freiheitsbewegung und strahlt in die ganze Welt hinaus.

Hier Alltag - in Rojava Krieg

Seit einer Woche greift das türkische Militär Rojava an. Schon lange sind dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan und seiner nationalistischen Partei AKP das selbstverwaltete Nordostsyrien mehr als nur ein Dorn im Auge; sie suchten nach einer passenden Gelegenheit, den kurdischen Revolutionsprozess zu vernichten. Mit dem Abzug der US-Bodentruppen Anfang letzter Woche gaben die USA nicht nur ihre Stellung gegen den Islamischen Staat (IS) auf, sondern ebneten gleichzeitig den Weg für den Einmarsch der türkischen Armee in Nordsyrien. Erdoğan will das kurdische Gebiet besetzen, geflüchtete Menschen in die Region zwangsumsiedeln und die Revolution in Rojava zerstören.

Schweigen ist Kollaboration

Der Angriffskrieg der Türkei ist ein Massaker und die Welt schaut unbeteiligt zu: Die USA sind Hauptverantwortliche des Kriegsbeginns und ziehen ihre Truppen ab. Europa lässt sich mit der rassistischen Drohung Erdoğans erpressen, er öffne im Falle einer Behinderung seines Kriegs die türkischen Grenzen und schicke Millionen von geflüchteten Menschen nach Europa. Dabei müssen die Leute erst wegen diesen Kriegen flüchten.

Und die Schweiz?

Nicht anders zu erwarten, kuscht auch die Schweiz und gesellt sich zu den internationalen Kollaborateur*innen der faschistoiden Türkei. So erneuerte die Schweiz kürzlich ihr Freihandelsabkommen mit der Türkei. Am letzten Donnerstag lief die Referendumsfrist für dieses Freihandelsabkommen ungenutzt aus - ein Tag nach dem türkischen Angriffskrieg auf Rojava. Wird der Bundesrat nun dieses Abkommen ratifizieren und so das despotische Regime Erdoğans ökonomisch weiterhin unterstützen?

Gleiches gilt für den Waffenhandel: Schweizer Rüstungsfirmen wie die RUAG AG und Rheinmetall Defence AG beteiligen sich aktiv an diesem Krieg, indem sie dem türkischen Militär Waffen liefern. Und auch die Credit Suisse besitzt Aktien einer Rüstungsfirma, die Waffen in die Region verkauft und erwirtschaftet so Profit aus Krieg. Während einige europäische Länder mittlerweile ihre Waffenexporte in die Türkei gestoppt oder eingeschränkt haben, sieht sich die Schweiz nicht dazu veranlasst.

Und auch bezüglich ihres Umgang mit Schweizer IS-Kämpfer*innen in Syrien verharrt die Schweiz und die zuständige Bundesrätin Karin Keller-Sutter in ihrer feigen Haltung und entziehen sich jeglicher Verantwortung. Bis anhin haben hauptsächlich die Kurd*innen den IS bekämpft und die inhaftierten IS-Kämpfer*innen bewacht - angesichts des türkischen Angriffskriegs können die kurdischen Kämpfer*innen dies nicht länger tun. Während die FDP-Bundesrätin im Vorfeld des feministischen Streiks vom 14. Juni noch gerne was von Frauenrechten faselte, ist sie jetzt auffallend ruhig. Offenbar gelingt es ihr nicht, die Verbindung herzustellen zwischen den inhaftierten und mittlerweile teilweise ausgebrochenen IS-Mitglieder in Nordostsyrien und der daraus entstehenden Bedrohung für die Sicherheit und Rechte, insbesondere auch von Frauen und FLINT-Personen vor Ort und weltweit.

Women Defend Rojava!

Frauen und FLINT-Personen werden besonders stark unterdrückt von den nationalistischen und rassistischen Ideologien wie jener der AKP-Regierung Erdoğans. Der Frauenrevolution in Rojava ist es gelungen, sichere und selbstbestimmte Orte aufzubauen und diese auf vielfältige Weise zu verteidigen. Der türkische Angriffskrieg ist ein Angriff auf eine emanzipatorische, feministische Praxis und eine gelebte Utopie, in der das Patriarchat keinen Platz mehr hat. Wir sind beeindruckt, solidarisieren uns, und zeigen unsere Unterstützung mit den - dort - jetzt - heute - kämpfenden Frauen und FLINT!

Wir schließen uns den internationalistischen Solidaritätskampagnen mit Rojava an. Verteidigen wir gemeinsam die sicheren Orte, die in Rojava aufgebaut werden. Damit sie weiterbestehen: In unseren Herzen, unseren Köpfen und in einer freien solidarischen Gesellschaft. Für eine feministische Zukunft!

Ein Angriff auf Eine, ist ein Angriff auf Alle! Solidarität mit Rojava! Nicht Eine weniger - ni una menos! #Womendefendrojava #riseup4rojava"

Fotos: Jan Müller