Wuppertal: Protest vor WDR-Landesstudio gegen mediales Schweigen

Vor dem WDR-Landesstudio in Wuppertal gab es eine kleine Kundgebung gegen mediales Schweigen angesichts der türkischen Besatzungsoperationen und Menschenrechtsverletzungen in Kurdistan.

Seit einem halben Jahr werden in der Region rund um das Qendîl-Gebirge in Südkurdistan fast täglich Dörfer von der türkischen Armee bombardiert. Die Zerstörung der Lebensgrundlagen und der Einsatz von Chemiewaffen haben bereits zur Vertreibung von tausenden Menschen aus der angestammten Bevölkerung geführt. In den deutschen Medien werden die Angriffe bis auf ein paar Meldungen zu Beginn der Besatzungsoperation nicht thematisiert – und wenn doch, nur als ein Konflikt zwischen der Türkei und der PKK dargestellt. Doch die Angriffe des NATO-Partners richten sich nicht nur gegen die von der Guerilla kontrollierten Medya-Verteidigungsgebiete, sondern auch gegen dichtbesiedelte Siedlungsgebiete.

Türkischer Angriffskrieg und mediales Schweigen

Um dieses Schweigen zu brechen und öffentliches Licht auf die Menschenrechtsverletzungen im Zuge des völkerrechtswidrigen Vorgehen der Türkei zu lenken, veranstalteten kurdische Aktivist:innen aus Wuppertal an diesem Freitag eine kleine Kundgebung vor dem Landesstudio des Westdeutschen Rundfunks (WDR). „Wir stehen heute hier vor dem Büro des WDR, weil wir die Mauer des Schweigens durchbrechen wollen“, erklärte eine Beteiligte zu Beginn der Aktion und verlas eine Stellungnahme der Gruppe. Seit rund vierzig Jahren führe der türkische Staat einen Krieg gegen das kurdische Volk, mit dem Ziel, die Kurdinnen und Kurden auszulöschen. Ob durch Assimilierung oder mittels Panzer und Bomben – es gehe darum, das kurdische Volk aus der Geschichte zu streichen.

 

Weiter hieß es: „Dies tut der türkische Staat von Anfang an mit der Unterstützung des deutschen Staates. Eine Tradition, die sich vom Kaiserreich über das Naziregime bis in die heutige Zeit ununterbrochen fortsetzt. Lieferungen von Waffen, Munition und anderer Millitär- und Sicherheitstechnik, großzügige Bereitstellung finanzieller Mittel sowie Fürsprache und politische Rückendeckung für die türkischen Machthaber auf internationaler Bühne - auch die bisherigen Bundesregierungen unterstützten den türkischen Völkermord an den Kurd:innen, wo sie nur können.“

Thematisch aufgegriffen wurden im weiteren Verlauf die Invasionen der Türkei in den Nachbarländern Irak und Syrien, die als „absolute Völkerrechtsbrüche“ und „Verstöße gegen jedes Konzept von Menschlichkeit“ bezeichnet wurden. Die zuletzt auch von der Guerilla dokumentierten Chemiewaffeneinsätze wurden ebenso benannt wie die Militäraktionen zur Vertreibung und Entvölkerung der südkurdischen Zivilbevölkerung. Dass die Bundesregierung den Machenschaften des türkischen Staates stillschweigend Rückendeckung gibt, verwundere mit Blick auf die gemeinsame Vergangenheit nicht. „Es ist das gewohnte Bild, dass sich uns seit Jahrzehnten präsentiert.“ Enttäuschend sei jedoch das Schweigen der Medien. „Wie können demokratische Medien zu dem, was sich in Südkurdistan abspielt, zu dem völkerrechtswidrigen Einmarsch und der Besetzung durch die Türkei; zum Einsatz international geächteter und verbotener Chemiewaffen gegen Kurdinnen und Kurden schweigen?“, hieß es. Bis auf wenige Ausnahmen schweige die gesamte Medienlandschaft zu diesen Vorgängen. Es biete sich daher das Bild der berühmten drei Affen: „Die Stimmen der Opfer werden nicht gehört, vor den offen sichtbaren massiven Menschenrechtsverletzungen verschließt man die Augen und selbst wenn es gar nicht mehr zu überhören und zu übersehen ist, wird einfach geschwiegen.“

Medien müssen der Rolle als „vierte Gewalt“ gerecht werden

Das sei für die kurdische Community nur noch schwer hinnehmbar. Das Weghören, Wegsehen und Schweigen würden als ein eindeutiger Beweis dafür gewertet, dass es in den „ach so demokratisch gesinnten Ländern Europas eine rassistische Einteilung“ gebe, „welches Leben schützenswert ist und welches nicht, welches Leid Beachtung findet und welches nicht“. Medien, und gerade erst solche mit öffentlich-rechtlichem Auftrag, sollten sich auf ihre „demokratischen Werte“ besinnen und ihrer Rolle als „vierte Gewalt“ gerecht werden. „Denn Freiheiten nutzen sich ab, sie werden immer weniger und verschwinden, wenn wir sie nicht aktiv nutzen“, lautete die Botschaft. Die Aktivistin erinnerte an Bilder aus den 90er Jahren, als deutsche Panzer von der türkischen Armee gegen kurdische Zivilist:innen eingesetzt wurden. Die Szenen flimmerten erstmals im Rahmen von MONITOR-Recherchen über die TV-Geräte und gingen damals um die ganze Welt. „Der WDR und andere kritische Medien waren bis heute immer jene, die diese Missstände kritisierten, die die schmutzigen Deals zwischen der BRD und der Türkei aufdeckten und konsequent immer wieder die Einstellung dieser Kooperation forderten“, erklärte die Aktivistin. Dies solle sich fortsetzen.

Persönliches Gespräch und Dossier-Übergabe

Später wurde ein persönliches Gespräch mit der Leiterin des WDR-Landesstudios geführt und ein Dossier über Giftgaseinsätze und Angriffe mit chemischen Waffen durch die türkische Armee übergeben. Die Aktivist:innen waren zufrieden und haben angekündigt, ihr Engagement gegen mediales Schweigen in Deutschland fortzusetzen.