Am 15. Februar 1999 wurde Abdullah Öcalan aus der griechischen Botschaft in Nairobi in die Türkei verschleppt. An der Geheimdienstoperation waren die USA, Israel und die Türkei beteiligt. In den folgenden Tagen kam es zu Protesten an den Botschaften aller beteiligten Staaten, darunter auch an Israels Botschaft. Als sich am 17. Februar Tausende zum Protest vor der israelischen Botschaft in Berlin sammelten, eröffneten israelische Sicherheitskräfte das Feuer und töteten Sema Alp, Mustafa Kurt, Ahmet Acar und Sinan Karakuş. Viele weitere wurden verletzt.
Der langjährige kurdische Aktivist Ismail Parmaksız war bei dem Angriff anwesend. Er berichtet im ANF-Gespräch über seine damaligen Erlebnisse.
„Wir waren dort nur zum Protest“
Parmaksız sagt mit Hinblick auf die Phase zwischen der Ausreise Öcalans aus Syrien am 9. Oktober 1998 und dem 15. Februar 1999: „Der Vorsitzende Apo hat, nachdem er Syrien verlassen hatte, nirgendwo in Europa eine positive Antwort erhalten. Als er in die Türkei verschleppt wurde, haben wir uns als kurdisches Volk in Europa gefragt, was uns Europa angetan hat. Die Kurden und ihre Freunde erhoben sich gegen das Komplott. Sie protestierten an den Vertretungen der am Komplott beteiligten Staaten. Wer war dafür verantwortlich? Die USA, Israel und die Türkei. Der Protest dagegen war notwendig. Alle Kurden strömten erst zum griechischen Konsulat und dann zu dem von Israel. Wir wollten nur protestieren. Mit anderen Worten, wir wollten die unfaire Haltung und Feindseligkeit gegenüber den Kurden dort zum Ausdruck bringen. Tausende von Menschen hatten sich vor dem israelischen Konsulat versammelt, keiner unserer Freunde ging hinein. Dann umzingelte uns die Polizei und hielt uns fest. Unseren Freundinnen und Freunden wurde vor der Tür der Botschaft in den Rücken geschossen. Sicherheitskräfte, die das Konsulat verließen, schossen wahllos um sich. Sie töteten dort vier von uns, und Dutzende weitere wurden verwundet. Wir konnten nicht einmal in die Nähe der Leichen unserer Freundinnen und Freunde gelangen, die dort im Schnee lagen. So war das damals. Die Menschen wurden mit Maschinenpistolen beschossen, vier von uns wurden getötet. Viele weitere Freundinnen und Freunde wurden verletzt.“
„Nicht einmal ein Ermittlungsverfahren wurde eingeleitet“
Parmaksız erzählt weiter: „Unsere Gefallenen wurden dann von der Polizei mitgenommen. Am nächsten Tag wurde einer der vier Männer, die am israelischen Konsulat geschossen hatten, nach Finnland und die anderen drei sofort nach Israel geschickt, wie ich mich erinnere. Die Täter waren bekannt. Es gab keine Legitimation für ihr Handeln. Niemand hat das israelische Konsulat angegriffen. Es war ein normaler demokratischer Akt. Es war ein Protest. Wir waren im Garten des Konsulats. Es schmerzte uns sehr, dass die Täter eilig nach Israel geschickt wurden und dass keine ordnungsgemäße Untersuchung durchgeführt wurde.
Wir ließen davon aber nicht ab. Es wurden Anwälte beauftragt. Israel und der deutsche Staat lehnten es aber ab. Nach dieser Erklärung wurde das Verfahren geschlossen. Wir verfolgen dieses Unrecht bis heute. Die Familie von Sinan Karakuş war nicht in Berlin. Die Familien der übrigen drei Gefallenen befinden sich in Berlin. Wir werden das Verfahren weiter betreiben.“
„Das kurdische Volk soll stolz auf seine Gefallenen sein“
Parmaksız sagt über die Gefallenen: „Die vier Gefallenen waren Menschen, die sensibel für die kurdische Frage waren und sich aktiv am Kampf beteiligten. Sie waren bei jeder Aktion dabei. Es waren Menschen, mit denen wir immer zusammen waren.
Da war die Freundin Sema Alp. Sie war eine junge Frau. Da waren Ahmet Acar, Mustafa Kurt und Sinan Karakuş, sie alle waren sehr aktiv. Sie engagierten sich für die kurdische Frage. Sie waren immer ganz vorne, wenn es um den Protest gegen das Unrecht gegen Kurden ging. Sie zeigten ihren demokratischen Protest. Sie taten das vor den Augen der ganzen Welt. Es war ein spontaner und gerechtfertigter Protest. Sie waren wertvolle Freunde. Wir werden sie nie vergessen, wir können sie nie vergessen. Das kurdische Volk soll stolz auf sie sein.“