Welt-Kobanê-Tag: Protest am Rheinmetall-Werk in Unterlüß
Aktivist*innen von „Riseup4Rojava“ und „Women Defend Rojava“ protestieren am Rheinmetall-Werk in Unterlüß gegen den Angriffskieg der Türkei auf Rojava.
Aktivist*innen von „Riseup4Rojava“ und „Women Defend Rojava“ protestieren am Rheinmetall-Werk in Unterlüß gegen den Angriffskieg der Türkei auf Rojava.
Seit den frühen Morgenstunden protestieren Aktivist*innen von „Riseup4Rojava“ und „Women Defend Rojava“ am Rheinmetall-Standort in Unterlüß. Sie demonstrieren damit gegen den Krieg der Türkei in Nord- und Ostsyrien, in dem auch Leopard-2-Panzer vom Hersteller Rheinmetall eingesetzt werden.
Im folgenden dokumentieren wir die Pressemitteilung der Aktivist*innen:
Rheinmetall-Protest am Welt-Kobanê-Tag
Wie vor einigen Tagen die Gruppe SIGMAR2 protestieren wir heute in den frühen Morgenstunden des 01.11.2019 am Rheinmetall Standort in Unterlüß. Wir folgen dem Aufruf anlässlich des Welt-Kobane-Tags, dieses Wochenende zu einem Anti-Kriegs-Wochenende zu machen und sind hier im Zeichen der Solidarität mit den Menschen in Rojava, die von der Türkei und ihren dschihadistischen Verbündeten seit mehr als drei Wochen angegriffen werden. Wir blockieren Rheinmetall als eine wichtige Akteurin unter den deutschen Rüstungsfirmen, die durch ihre Waffenexporte in die Türkei mitverantwortlich sind für den faschistischen Angriffskrieg gegen das Projekt einer emanzipatorischen, basisdemokratischen und geschlechterbefreiten Gesellschaft in Nordsyrien.
2014 wurde der 1. November zum Welt-Kobanê-Tag ausgerufen, um den Kämpfer*innen der YPJ/YPG beizustehen, die die Stadt im nördlichen Syrien seit Wochen gegen den IS verteidigten. Damals setzten die Selbstverteidigungseinheiten der Schreckensherrschaft des Islamischen Staates die Vision einer demokratischen, ökologischen, auf der Befreiung der Frau basierenden Gesellschaft entgegen, Kobanê wurde zum Zeichen des Widerstandes. Heute, fünf Jahre später, sollen türkische und russische Truppen anfangen, gemeinsam im nordsyrischen Grenzgebiet zu patrouillieren. Was mit einer brutalen Offensive begann, geht nun in eine schleichende Besetzung der selbstverwalteten Gebiete über: Nach den Angriffen der türkischen Armee und ihrer Verbündeten, die auch vor Zivilist*innen, Journalist*innen und grundlegener Infrastruktur keinen Halt machte, folgte in den letzten zwei Wochen ein internationaler Machtpoker um die Einflussnahme in der umkämpften Region. Alle sind bemüht, sich mit ihrem Engagement für eine „Lösung” zu rühmen: Erst die USA, dann Russland hatten die Türkei zu der insgesamt 10-tägigen Waffenruhen angehalten – allerdings gebunden an den kompletten Rückzug der Verteidigungseinheiten YPJ/YPG, quasi ein komplettes Zugeständnis an den völkerrechtswidrig angreifenden Aggressor.
Andererseits scheint es für Russland ein willkommener Anlass zu sein, mit Erdoğan und Co. territoriale Ansprüche zu verhandeln und nun dort gemeinsam Stellung zu beziehen.
Was folgt? Weiterhin sind tausende Menschen auf der Flucht, Quellen vor Ort zufolge wurde die Waffenruhe von den türkischen Truppen immer wieder gebrochen, weitere Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen sind zu erwarten. Die großen politischen Mächte versuchen, sich ein Stück des Kuchens zu sichern oder halten die Füße still, wie die Nato-Staaten, die in dem Abkommen zwischen Russland und Türkei einen diplomatischen Weg sehen, die Lage zu „beruhigen” und so ihrem türkischen Bündnis-Partner freie Hand lassen, obwohl der all das Elend erst verursacht hat und weiter verursachen wird. Auch wenn es hierzulande vereinzelt Stimmen gegen den Angriffskrieg gibt, wird deutlich, dass Deutschlands wirtschaftliche und politische Interessen über humanistischen Werten stehen und in der aktuellen Situation in Nordsyrien ihr hässlichstes Gesicht zeigen: Dieses Jahr stiegen die Waffenexporte deutscher Firmen in die Türkei sogar noch an, weitere Lieferungen sind geplant. Teile der Leopard-Panzer, die schon bei der türkischen Offensive in Afrin eingesetzt wurden, werden von Rheinmetall, im hiesigen Werk hergestellt. Und während nun Rojava mit den Mitteln und Technologien deutscher Rüstungsfirmen angegriffen wird, redet man hier nur unter größtem Zögern über Einschränkungen der Exporte. Ein*e Aktivist*in von SIGMAR 2 sagte dazu: „In Unterlüß zeigt sich das wahre Gesicht Europas. Sogenannte europäische Werte sind nicht mehr als ein toller Marketingtrick – es geht um Machtinteressen, oder, wie hier in Unterlüß, um die Erhöhung des Profits durch den schamlosen Export von Waffen“, sagt Luca Lampe. Die EU hat sich durch den sogenannten „Flüchtlingsdeal“ scheinbar erpressbar gemacht – mittlerweile droht Erdoğan sogar bei Kritik an der Invasion mit einem „Bruch“ des Deals. Wir erkennen hier keinen „Deal“, sondern nur Menschenrechtsverletzungen, die diesen Krieg ermöglichen.” Genau deshalb tragen wir unseren Protest vor die Tore des Rheinmetall-Standorts in Unterlüß, um zu zeigen „Krieg beginnt hier!”.
Das Gesellschaftsmodell in Rojava war und ist für uns eine große Inspiration und Hoffnung und wir wollen auf die zeigen, mit deren Waffen diese Revolution gerade angegriffen wird. Morgen, am 2. November, wird zum weltweiten Aktionstag gegen den Krieg in Nordsyrien aufgerufen. Wir hoffen, dass sich weiterhin so zahlreich überall auf der Welt Menschen diesem Wahnsinn entgegen stellen und rufen alle demokratisch und emanzipatorisch gesinnten Kräfte auf, sich entschlossen gegen den Angriffskrieg und all seine Profiteur*innen zu positionieren!
Bijî Berxwedana Rojava! Es lebe der Widerstand in Rojava!
#Riseup4Rojava #WomenDefendRojava