Weil er „mehrfach“ bei Kundgebungen und Veranstaltungen der PKK aufgetreten sei, wird Kerem G. (43) vom Ausländeramt der sächsischen Stadt Bautzen mit einer Ausweisung in die Türkei bedroht. Das machte der Kölner Rechtshilfefonds AZADÎ e.V. am Freitag in einer Mitteilung öffentlich. Zur Begründung der Bautzener Behörde heißt es, von G. gehe eine „Gefahr für die freiheitlich demokratische Grundordnung und Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland“ aus.
„Es ist unfassbar, dass Ukrainerinnen und Ukrainer wegen ihres Mutes und Widerstands gegen die Armee Russlands von der Bundesregierung gefeiert und gelobt werden, Kurdinnen und Kurden hingegen für ihre Aktivitäten und ihren Widerstand in Deutschland gegen die kriegerischen Verbrechen des NATO-Partners Türkei kriminalisiert oder gar dorthin ausgewiesen werden können, wo ihnen Verfolgung und Folter drohen“, betont AZADÎ. Diese Doppelbödigkeit der deutschen Politik sei unerträglich und inakzeptabel, kritisiert der Verein.
Kerem G. und seine Frau leben schon sehr lange in Deutschland, ihre Kinder sind eingebürgert. Das Ausländeramt gibt dem Mann die Gelegenheit zur Anhörung bis zum 8. November, erklärte AZADÎ weiter und wies darauf hin, dass er anwaltlichen Beistand hat. Der Rechtshilfefonds fordert die sofortige Rücknahme des Bescheides der sächsischen Behörde: „Kerem G. muss bleiben!“
Trotz Massenfestnahmen, Folter und Misshandlungen kommt es in letzter Zeit immer häufiger zu versuchten und realen Abschiebungen in die Türkei. Zwischen Januar und Juni wurden 230 Menschen in das von Recep Tayyip Erdogan regierte Land abgeschoben, wie die Bundesregierung im August in ihrer Antwort auf eine Anfrage der Linkspartei erklärte. Sprichwörtlich in letzter Minute konnten in den letzten Wochen gleich mehrere Ausweisungen erfolgreich verhindert werden, so etwa im Fall einer 21-jährigen Kurdin aus Heilbronn sowie einer sechsköpfigen kurdischen Familie aus Kassel. Eine wichtige Rolle spielten Protest, Solidarität sowie politischer und juristischer Druck.