Waffenproduktion bei Heckler & Koch zum Stillstand gebracht

Laut, bunt und kritisch ging es heute in Oberndorf zu. Rund 150 Aktivist:innen blockierten zwei Werkstore des Waffenherstellers Heckler & Koch. Bereits im Vorhinein hatte das Bündnis „Rheinmetall entwaffnen” die Aktionen über das Internet publik gemacht.

Die Rüstungsschmiede Heckler & Koch in Oberndorf am Neckar steht diesen Freitag wieder im Fokus der Öffentlichkeit. Allerdings nicht mit Erfolgsmeldungen für die Aktionäre oder einem Großauftrag aus Litauen, sondern mit dem Titel: „150 Aktivist:innen blockieren die Werkstore”. Aufgerufen dazu hatte das antimilitaristische Bündnis „Rheinmetall entwaffen”.

Unter dem Motto „Die Idylle trügt – Heckler und Koch blockieren“ haben sich die Aktivist:innen bereits in den frühen Morgenstunden in Richtung des Hauptwerks der Waffenschmiede in der selbsternannten Rüstungsstadt gemacht. Der Konzern ist einer der größten deutschen Waffenhersteller, der daran verdient, dass alle 14 Minuten ein Mensch durch seine Waffen stirbt.

Heckler & Koch selbst beschreibt sich auf der firmeneigenen Website als „führender Hersteller von Handfeuerwaffen mit festen Wurzeln am Standort Deutschland“. Die Aktivist:innen zogen vor zwei der Werkstore, mit dem erklärten Ziel aktiv die Produktion des Herstellers zu stören. „Die von Heckler und Koch in Oberndorf produzierten Waffen bringen in den Händen der mexikanischen Armee und Polizei Tod und Verderben. Unsere direkte Aktion in Oberndorf ist ein Zeichen internationaler Solidarität“, sagte Christina Sonneberg von Rheinmetall entwaffnen. Mit den Kleinwaffen aus der schwäbischen Idylle sind unter anderem auch die Armeen und paramilitärischen Polizeieinheiten in Kolumbien, Brasilien, Saudi-Arabien, Lybien und der Türkei bewaffnet. „Sie werden zur Unterdrückung der Bevölkerung, zur Machtsicherung, Machtausbau und für imperialistische Kriege eingesetzt”, fuhr Sonneberg fort.

Fotos: Rheinmetall entwaffnen

Rheinmetall entwaffnen hatte im Vorfeld des Aktionstages erklärt, „die Normalität der Waffenproduktion, der Planung und des Vertriebs” mit einer Vielzahl an Menschen stören zu wollen. Das ist dem Bündnis am heutigen Tag gelungen. Die vorangekündigten Blockade-Aktionen führten dazu, dass sowohl im Werk von Heckler & Koch als auch im Nachbarwerk von Rheinmetall keine Produktion stattfand. Da die Firmen bereits im vorhinein ihren Mitarberiter:innen den Tag frei gaben, wurden heute keinerlei Waffen in Oberndorf produziert oder geplant.

Über den Tag kam es mehrmals zu Übergriffen durch die Polizei Baden-Württemberg. Diese war mit einem Großaufgebot, inklusive Räumpanzer und Helikopter vor Ort. Bereits bei Beginn der Aktionen am frühen Morgen kam es zu mehreren Verletzten, als die Polizei übermäßige Gewalt anwendete. Mindestens eine Person musste im Anschluss im Krankenhaus in Oberndorf versorgt werden. Im späteren Verlauf gingen Beamt:innen gegen das Presse-Team von Rheinmetall entwaffnen vor. Sie durchwühlten das Presseauto und beschlagnahmten sämtliche Geräte und Datenträger im Inneren.

„Pressearbeit gezielt zu sabotieren, hat nichts mit Gefahrenabwehr zu tun. Es zeigt lediglich, wie sehr der Staat an einer weißen Weste seiner Rüstungsunternehmen interessiert ist“, kommente der Aktivist Jon Malek. Auch gegen Ende wurde die Abschlussdemonstration immer wieder aus den Reihen der Polizei angegriffen.

Zapatistische Delegation bei Aktionstag

Neben den aus dem gesamten Bundesgebiet angereisten Aktivist:innen befand sich auch eine Delegation aus Chiapas/Mexiko bei der Protestaktion. Die Vertreter:innen der Zapatistas und des Nationalen Indigenen Kongresses (CNI) stellten sich mit ihrer Präsenz in Oberndorf gegen die Unterdrückung ihrer Bevölkerung durch Waffen von Heckler & Koch. Denn in Chiapas gibt es befreite Gebiete, in denen die Menschen sich gemeinsam unter anderem gegen Naturzerstörung, Neo-Kolonialismus und für Geschlechterbefreiung basisdemokratisch organisieren. So hat die Aktion sowohl einen Ausdruck gegen Unterdrückung, als auch für ein anderes gesellschaftliches Zusammenleben, in dem Militarismus und Waffenproduktion keinen Platz haben, erklärt das Bündnis.

Die Zapatistas nahmen auch aktiv an der Aufführung des „Tribunals gegen Heckler und Koch“ teil. Am Blockadepunkt des zweiten Tores wurden Stühle aufgebaut, damit über 100 Personen den Anklagen des Tribunals Gehör schenken konnten. Das Tribunal forderte Aufklärung, Wiedergutmachung, Rechenschaft und Gerechtigkeit. Vorgeworfen wurde Heckler & Koch unter anderem, dass die Waffen für Folter in Mexiko eingesetzt werden. Auch für viele Femizide sind die Waffen aus der deutschen Rüstungsschmiede mitverantwortlich, das wurde während des Tribunals ebenso vorgeführt, wie die direkt von den Zapatistas geforderte Gerechtigkeit aufgrund der vielen Morde und Verletzungen ihres Volkes durch die deutschen Waffen.

Heckler & Koch verurteilt für Waffenlieferungen nach Mexiko

Der Rüstungskonzern Heckler & Koch war in der Vergangenheit immer wieder wegen illegalen Waffenlieferungen nach Mexiko in der Presse. Die Bundesregierung stufte im September 2005 mehrere Gebiete in Mexiko, darunter auch Chiapas, in punkto Menschenrechte als bedenklich ein. Trotz eines Verbots von Waffenexporten in die Region verkaufte Heckler & Koch über 4200 G36-Sturmgewehre an den mexikanischen Staat. Um die Genehmigung vom Bundeswirtschaftsministerium zu erhalten, wurden falsche Angaben über den Verbleib der Waffen gemacht. Die erschlichene Ausfuhrgenehmigung wurde 2010 über einen Whistleblower bekannt - ein Aktivist zeigte sie an.

Vergangenen März bestätigte der Bundesgerichtshof dann ein Urteil des Landgerichts Stuttgart von 2019, wonach die Ausfuhr der Sturmgewehre von Heckler & Koch nach Mexiko illegal war. Zwei Ex-Angestellte des Waffenherstellers waren zu Bewährungsstrafen verurteilt worden, Heckler & Koch musste drei Millionen Euro an die Staatskasse zahlen.

Heckler & Koch Profiteur von Kriegen

Eine der Aktivist:innen erklärte abschließend: „Wir klagen Heckler und Koch als Profiteur von Kriegen an und wollen, dass dieses schmutzige Geschäft aufhört. Und wir werden auch gegen weitere Konzerne aktiv werden, die sich durch Krieg, Zerstörung und Unterdrückung bereichern. Klar ist aber auch, dass es für die Veränderung der Verhältnisse einen Systemwechsel braucht.”

Die Aktivist:innen von „Rheinmetall entwaffnen” erklärten auf ihrer Website, dass sie deshalb Heckler & Koch als „Profiteur des Regimes in Mexiko“ anklagen und blockieren wollten.