Von Rojava bis nach Berlin: Kommunales Leben aufbauen

Die radikale linke | berlin ruft zur Teilnahme an einem internationalistischen Block der bundesweiten Demonstration für Efrîn am 3. März in Berlin auf.

Hunderte Einzelpersonen, wie der Filmemacher Peter Ott, die Auschwitz-Überlebende und Musikerin Esther Bejarano oder die Künstlerin Dr. Hito Steyerl, sowie eine steigende Anzahl von Gruppen und Organisationen rufen zu einer bundesweiten Demonstration unter dem Motto „Gemeinsam gegen die türkischen Angriffe auf Afrin!“ am 3. März in Berlin auf.

Angesichts der zunehmenden Repression gegen kurdische Strukturen in Deutschland, mit der „kurdischen Veranstaltern“ in Städten wie Köln und Dortmund gänzlich das Versammlungsrecht abgesprochen wird, wird Solidarität wichtiger denn je.

Eine der Gruppen, die zu der bundesweiten Demonstration aufrufen, ist die radikale linke | berlin, die sich in einer Selbstdarstellung als „Gruppe im Aufbau“ bezeichnet:

„Wir haben uns entschlossen zusammen zu arbeiten, weil wir mit der Welt, wie sie ist, nicht einverstanden sind. Wir sind Menschen mit politischer Praxis aus verschiedenen Strömungen, von ML bis autonomer Kleingruppe, von Antifa bis Anarchismus und wir haben uns zusammen getan, weil uns eine Idee eint, an der wir festhalten: Eine andere Welt ist möglich.“

Wir dokumentieren den Aufruf zur Teilnahme an einem internationalistischen Block bei der Berliner Demonstration für Efrîn:

„Verschiedene Strukturen der kurdischen Linken sowie andere linke Kräfte mobilisieren zu einer Großdemonstration am 3. März 2018 in Berlin. Grund sind die weiterhin andauernden Angriffe der türkischen Armee im Verbund mit dschihadistischen Milizen auf den nordsyrischen Kanton Afrin.

Seit dem 20. Januar wird Afrin kontinuierlich mit Bombern und Artillerie angegriffen. Der Offensive der türkischen Bodentruppen setzen die Volks- und die Frauenverteidigungseinheiten YPG/YPJ und die Demokratischen Kräfte Syriens (SDF) einen erbitterten Widerstand entgegen. Bisher konnte der türkische Staat keine großen militärischen Erfolge erzielen. Dennoch sind viele Genoss_innen gefallen und Zivilist_innen getötet wurden. Bezeichnend für den Widerstand von Afrin ist die enge Beziehung zwischen den kämpfenden Genoss_innen und ihrem Rückhalt in der Bevölkerung. Bereits jetzt wird von Afrin als „Erdogans Vietnam“ gesprochen. Afrin ist einer der Kantone der Demokratischen Föderation Nordsyrien. Das gesellschaftliche Leben wird basisdemokratisch innerhalb von Kommunen und Räten organisiert. Die Grundlage für diese Form der Politik ist der demokratische Konföderalismus, orientiert an der Selbstverwaltung, kooperativer Ökonomie, Frauenbefreiung und Ökologie. Innerhalb von Afrin können sich alle, die sich anhand dieser linken Prinzipien orientieren, autonom organisieren. Das Leben in Rojava ist ein Leben der Vielfalt. Alle Religionen und Bevölkerungsgruppen finden ihre Repräsentanz in dem Projekt der kurdischen Bewegung.

Deutschland als Kriegspartei

Das mediale Interesse deutscher Medien flammte auf, als  eine Debatte um den Einsatz von deutschen Leopard II Panzern in diesem Angriffskrieg eines NATO-Mitglieds entstand. Auch dieses Interesse nimmt inzwischen deutlich ab, ein wichtiger Grund, den Kriegstreiber_innen und Kriegsprofiteuren am 03.03.2018 zu zeigen, was wir von ihnen halten. Die Bundesregierung hält die völkerrechtliche Beurteilung der Lage in Kurdistan nach wie vor für unmöglich, da die Lage zu „fluide“ sei. Merkel und der türkische Ministerpräsident Yıldırım werden bestimmt auch das ein oder andere Gespräch über weitere Rüstungsexporte führen, Yıldırım betonte bei seinem vergangenem Besuch: „Lasst uns eine neue Seite aufschlagen, die Vergangenheit vergessen, in die Zukunft blicken und unsere Beziehungen noch weiter ausbauen“. Er selbst sehe den Angriffskrieg auch nicht als Krieg sondern als eine „Operation gegen den Terror“.

Gegenmacht global und lokal denken

All das sind Gründe für uns auf die Straße zu gehen. Internationalismus und Anti-Militarismus sind für uns zentrale Bezugspunkte. Wir wollen aber auch einen eigenen Akzent setzen, denn wenn wir mit Freund_innen in Rojava sprechen, hören wir immer wieder: „Die beste Unterstützung ist, ihr macht selber Revolution“. Es geht uns darum, auf der Solidaritätsdemonstration auch gesellschaftliche Alternativen zu formulieren. Wir sprechen uns für den Aufbau rätedemokratischer Strukturen aus. Die Solidaritätsarbeit die wir hier in den kapitalistischen Metropolen organisieren, muss verknüpft sein mit unserer revolutionären alltäglichen Praxis. Es muss darum gehen, Rojava und die kurdische Freiheitsbewegung nicht als Projektionsfläche zu nutzen, sondern vielmehr um konkrete Überlegungen wie wir in Berlin, Deutschland und Europa die Basis einer revolutionären Bewegung (wieder-) aufbauen. Der demokratische Konföderalismus und die kurdische Bewegung sind hierbei wichtige Bezugspunkte.

Es lebe der Widerstand von Afrin. Tod dem Faschismus überall. Bijî Berxwedana Efrînê!

Gegenmacht aufbauen – Von Berlin bis Rojava.“