Veranstaltung „Feminizide als Kriegswaffe" in Jena
Die kurdische Soziologin Dilar Dirik hat auf Einladung des Bündnisses „Gemeinsam für Frieden“ auf einer Veranstaltung in Jena über das Thema „Feminizide als Kriegswaffe“ gesprochen.
Die kurdische Soziologin Dilar Dirik hat auf Einladung des Bündnisses „Gemeinsam für Frieden“ auf einer Veranstaltung in Jena über das Thema „Feminizide als Kriegswaffe“ gesprochen.
Am Mittwoch fand in Jena die Veranstaltung „Feminizide als Kriegswaffe" des Bündnisses „Gemeinsam für Frieden" mit der Soziologin Dilar Dirik statt. Das Bündnis „Gemeinsam für Frieden" besteht aus dem SDS Jena, dem Friedenskreis Jena und Women Defend Rojava Jena und organisiert gemeinsam Veranstaltungen zu den Themen Antimilitarisierung und Abrüstung. An der Veranstaltung nahmen ca. 25 Personen teil.
In der Veranstaltung „Feminizide als Kriegswaffe" ging es darum, wie das gezielte Töten von Frauen als strukturelle Waffe in kriegerischen Konflikten gegen die Zivilbevölkerung eingesetzt wird, um patriarchale Machtstrukturen zu sichern und zu stärken. Die Veranstaltung fand eine Woche nach dem 25. November, dem internationalen Tag für die Beseitigung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen, und in einem allgemeinen Klima der Aufrüstung und dem Ruf nach „Rückkehr zur Wehrtüchtigkeit" Deutschlands statt.
Zu Beginn der Veranstaltung wurde zudem auf die Bedrohlichkeit und Intensität der aktuellen Angriffe dschihadistischer Gruppen und der Türkei auf die Selbstverwaltung Nord- und Ostsyriens aufmerksam gemacht. Der Vormarsch wurde als Angriff gegen die Errungenschaften der kurdischen Frauenbefreiungsbewegung eingeordnet. Die Veranstalter:innen luden die Teilnehmenden zu einer geplanten Mahnwache in Jena und einer Demonstration in Erfurt am kommenden Wochenende ein.
Nach einer Einführung in die Relavanz der Thematik wurde die Referentin Dilar Dirik vorgestellt. Die renommierte Autorin ist Expertin zur kurdischen Frauenbewegung, arbeitet als Doktorandin an der Universität Cambridge und forscht schon lange zur Geschichte von Patriarchat und Kolonialismus und der Gewalt der Nationalstaaten.
In ihrem Vortrag im Videoformat ging Dilar Dirik auf den Zusammenhang von Krieg, Patriarchat, Kolonialismus und Nationalstaatlichkeit ein und bezeichnete Feminizide als strukturellen Herrschafts- und Unterdrückungsmechanismus mit dem Ziel, patriarchale Macht durch systemische Gewalt zu erhalten und auszubauen. Sie bezeichnete Feminizide als Krieg gegen Frauen und führte aus, dass damit auch ein struktureller Kampf gegen die Freiheit einer Gesellschaft geführt werde. Dabei betonte sie, dass besonders politisch aktive Frauen, die sich gegen Patriarchat oder Faschismus verteidigen und organisieren, Opfer gezielter Morde werden. Dies sei der Versuch, Widerstand gegen das herrschende System auszulöschen und andere Menschen davon abzuhalten, gegen Ungerechtigkeiten zu kämpfen. Als ein Beispiel für den Mord an politisch engagierten Frauen führte sie das tödliche Attentat auf die kurdischen Revolutionärinnen Sakine Cansız, Fidan Doğan und Leyla Şaylemez 2013 in Paris an.
In den Ausführungen der Referentin wurde deutlich, wie eng der Zusammenhang von Militarismus, Patriarchat, Faschismus, Kolonialismus und Nationalstaatlichkeit ist und gleichzeitig, dass antimilitaristische Kämpfe auch immer zugleich verbunden mit feministischen Kämpfen sein müssen.
Im Anschluss konnten alle Anwesenden an einer offenen Diskussion teilnehmen, in der Fragen, Widersprüche und Gedanken zum gehörten Vortrag besprochen wurden. In der Diskussion wurde betont, dass „wir uns im Kampf gegen das Patriarchat hier in Deutschland und überall auf der Welt nicht auf dem Staat verlassen können, da Nationalstaaten Militarisierung zur Bewahrung ihrer selbst benötigen und auf dem patriarchalen System basieren“, so eine Teilnehmende. Vielmehr sei es nötig, „auf lokaler Ebene Strukturen zu schaffen, die uns schützen“.
Eine weitere Person zeigte den Widerspruch patriarchaler (Un)Logik auf, dass Frauen und weitere unterdrückte Geschlechter einerseits abgewertet werden und andererseits versucht wird, die Stärke von Frauen im Kampf gegen das Patriarchat durch Feminizide zu brechen. Dazu wurde ergänzt, dass Feminizide auch der Versuch sind, das Wissen über verschiedene Widerstandskämpfe in der Geschichte auszulöschen und Menschen, die in der heutigen Zeit gegen Patriarchat und Militarisierung kämpfen, so zu entmutigen. Deshalb sei das gemeinsame Erinnern an Kämpfe, die früher und heute geführt wurden und werden, eine hoffnungsvolle und emanzipatorische Handlung.
Zum Schluss wurde nochmal betont, wie relevant es ist, sich gerade jetzt gegen Krieg und Gewalt in verschiedenen Formen zu verbinden und zu organisieren und sich darin auch mit den Kämpfen um die Verteidigung der demokratischen Selbstvererwaltung in Nord und Ostsyrien und Kurdistan zu solidarisieren.