Türkisches Parlament: Angriff auf HDP-Abgeordneten

Während einer Rede des HDP-Abgeordneten Ahmet Şık stürmten gestern Abend mehrere AKP-Abgeordnete das Podium im türkischen Parlament.

Bei einer Rede des HDP-Abgeordneten Ahmet Şık ist es Montagabend im türkischen Parlament zu einem Eklat gekommen. Mehrere Abgeordnete der AKP unterbrachen die Rede von Şık und stürmten das Podium. Einige Parlamentarier bedrängten den HDP-Abgeordneten, darunter auch Alpay Özalan, ehemaliger Fußballer und früherer Kölner Bundesliga-Profi. Özalan leistete sich auch zu seiner Zeit in der Bundesliga Tätlichkeiten gegen Gegenspieler und Handgreiflichkeiten gegen Teamkollegen.

Der HDP-Abgeordnete und Journalist Ahmet Şık hatte während seiner Rede den Gesetzentwurf für die Regelungen nach dem Ende des Ausnahmezustands in seinen Grundfesten erschüttert und die Verstetigung der Notstandsbedingungen kritisiert. Şık sagte: „Die jetzige Regierung ist weder die erste noch die letzte Regierung, die mit der Fehleinschätzung bis in alle Ewigkeit an der Macht zu bleiben, aus Gesetzen eine Waffe und der Justiz einen Auftragsmörder formt. Mit diesem neuen Gesetzesentwurf, den Sie uns hier vorgelegt haben, sind Sie nur ein karikatives Abbild der Putschisten“.  

Die daraufhin vom Parlament verhängten Sanktionen sehen den Ausschluss Ahmet Şıks von zwei Sitzungen vor. „Wahrheit tut weh“,  kommentierte Şık diese Entscheidung.

Wer ist Ahmet Şık?

Der regierungskritische, investigative Journalist Ahmet Şık, der bereits mehrfach im Gefängnis war, ist der AKP und ihrem Vorsitzenden Erdoğan ein Dorn im Auge. Kurz nach der Verhaftung Şıks unter anderem wegen des absurden Vorwurfs der Gründung einer bewaffneten Terrororganisation im März 2011 war im Internet das Buchmanuskript Die Armee des Imam über die Gülen-Bewegung veröffentlicht worden. Das Buch wurde noch vor Erscheinen beschlagnahmt und galt lange Zeit als das „gefährlichste Buch des Landes“. Şık beschrieb darin den Einfluss der Bewegung des Predigers Fethullah Gülen, der einflussreichsten islamischen Bruderschaft der Türkei, die ab Mitte der 1980er Jahre Polizei und Justiz systematisch unterwandert hatte und mittlerweile in der Türkei zur Terrororganisation FETÖ erklärt wurde.

Nach seiner letzten Verhaftung im Dezember 2016 warf die türkische Justiz dem Journalisten Şık vor, er habe Propaganda für die PKK sowie für die Gülen-Bewegung betrieben - also unter anderem für jene Organisation, als deren scharfer Kritiker er sich einen Namen gemacht hatte und somit ins Visier der Regierung und der Justiz selbst geraten war. Im März dieses Jahres wurde Ahmet Şık unter Auflagen aus der Untersuchungshaft entlassen. Am 25. April 2018 verurteilte ein erstinstanzliches Gericht Şık wegen „Unterstützung von Terrororganisationen“ zu siebeneinhalb Jahren Haft. Er ist frei, solange das Revisionsverfahren läuft.