Syrische Flüchtlinge: Zypern kündigt EU-Deal mit dem Libanon an

Immer mehr Geflüchtete erreichen Zypern. Europäisches Geld soll nun Menschen an der Flucht vom Libanon auf die kleine EU-Inselrepublik hindern. Dazu sollen auch die libanesischen Streitkräfte unterstützt werden.

Die Europäische Union arbeitet Medienberichten zufolge an einem Abkommen mit dem Libanon, um Flüchtlinge aus Syrien an der Weiterreise nach Zypern und damit in die EU zu hindern. „Wir wollen dem Libanon helfen, mit den Flüchtlingen umzugehen, damit nicht noch mehr nach Zypern kommen", sagte der Präsident der kleinen Inselrepublik Nikos Christodoulidis dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Er werde Anfang Mai mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in den Libanon reisen, um ein konkretes Finanzpaket der Europäischen Union anzukündigen.

Wie Christodoulidis betonte, umfasse das Paket jedoch nicht nur den finanziellen Aspekt. Es gehe auch um die Unterstützung libanesischer Institutionen wie zum Beispiel der Streitkräfte. Letztere seien ein stabilisierender Faktor in dem Land, sagte der parteilose Staatschef Zyperns.

Im Hinblick auf die hohe Zahl Geflüchteter, die in Zypern ankommen, äußerte Christodoulidis: „Ich muss hier die deutlichsten Worte verwenden: Es reicht. Wir sind nicht in der Lage, noch mehr syrische Flüchtlinge aufzunehmen.“ Seit Jahresbeginn landeten auf der europäischen Insel im östlichen Mittelmeer etwa 4000 Flüchtlinge – im ersten Quartal des Vorjahres waren es lediglich 78.

Gemessen an der Bevölkerungszahl verzeichnet Zypern die meisten Asylanträge pro Jahr in der EU. Die Geflüchtetenlager im Land sind überfüllt, die Behörden haben die Bearbeitung der Asylanträge von Menschen mit syrischer Herkunft vorerst gestoppt. Er habe die EU um Hilfe gebeten und beschlossen, die Prüfung weiterer Asylanträge auszusetzen, sagte Christodoulidis. Er forderte zudem, bestimmte Gebiete in Syrien als sichere Regionen einzustufen. Welche Regionen damit gemeint sind, dazu äußerte sich Christodoulidis nicht.

Seit 2011 Krieg in Syrien

In Syrien herrscht seit 2011 Krieg. Die Tragödie des Landes begann am 15. März jenes Jahres mit Protesten gegen das Regime von Baschar al-Assad. Nachdem diese gewaltsam niedergeschlagen wurden, brach ein blutiger Bürgerkrieg aus, der sich zu einem Stellvertreterkrieg wandelte und bis heute andauert. In den Syrien-Krieg sind mehrere Drittstaaten involviert, die militärische oder politische Interessen in dem Land haben, darunter Russland, Iran und die Türkei. Der Libanon grenzt an Syrien. Schätzungen zufolge beherbergt das Land etwa 1,5 Millionen syrische Geflüchtete. Es zählt damit zu den Ländern, die pro Kopf weltweit die meisten Flüchtlinge aufgenommen haben. Migrant:innen versuchen etwa aus Tripoli im Norden, mit Booten nach Zypern zu gelangen.

Hunderrtausende Tote, Millionen Vertriebene, unzählige Vermisste

Nach Schätzungen der Vereinten Nationen wurden im Syrien-Krieg bisher mehr als 300.000 Zivilist:innen getötet. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in London geht von mehr als doppelt so viel Todesopfern aus. Weitere 13 Millionen Menschen sind entweder aus dem Land geflohen oder wurden innerhalb der Landesgrenzen vertrieben. Über 130.000 Menschen gelten zudem als vermisst. Das ungeklärte Schicksal der Verschwundenen ist eine der größten Tragödien des Syrienkrieges.