Syrien-Gespräche: Kriegsgipfel in Ankara

In Ankara kamen am Mittwoch die Staatschefs Russlands, Irans und der Türkei zusammen, um bei einem Gipfel über Syrien zu beraten. Vertreter*innen aus Syrien waren nicht dabei.

Am Mittwoch sind in der türkischen Hauptstadt Ankara die Staatschefs Russlands, Irans und der Türkei bei einem Dreiergipfel zusammengekommen, um über die Situation in Syrien zu beraten. Alle drei Staaten sind Garantiemächte im sogenannten Astana-Prozess. An diesem Mittwoch sollen die neue Verfassung für Syrien, die sogenannten Deeskalationszonen und die humanitäre Lage Thema gewesen sein. Vertreter*innen aus Syrien waren an der Gesprächsrunde nicht eingeladen. Nicht einmal zwei Stunden soll der Gipfel angedauert haben. Dann wollten die drei Staatsvertreter bereits vor die Presse treten.

Erdoğan erklärte, dass die Türkei gegen Versuche stehe, die die „Souveränität und territoriale Integrität Syriens zu unterlaufen“. Er forderte „die internationale Öffentlichkeit auf, die Bemühungen für eine politische Lösung der Probleme in Syrien zu unterstützen“.

Und auch Putin pocht auf die territoriale Integrität Syriens. „Russland, die Türkei und Iran bekräftigen ihr Engagement für die territoriale Integrität Syriens“, so der russische Staatschef.

Für Rohani, erklärte die iranische Presse, sei die Entwicklungen in Efrîn nur nützlich, wenn die territoriale Integrität Syriens nicht verletzt wird und die Kontrolle der Region der syrischen Armee übergeben werde. Noch in Ankara erklärte er, dass es für Syrien keine militärische Lösung gäbe. „Die Zukunft des Landes könne nur vom syrischen Volk im Rahmen freier Wahlen bestimmt werden.“

Der Staatsminister im Auswärtigen Amt in Berlin, Niels Annen (SPD) sagte vor der Presse zu dem Treffen, das er als „Kriegsgipfel“ bezeichnete. Er sei enttäuscht von den drei Regierungsvertretern, da sie nichts zu einer politischen Lösung beitragen würden.

Im Anschluss an die Gespräche fand im türkischen Präsidentenpalast eine gemeinsame Pressekonferenz statt, an der vor dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und dem iranischen Staatsoberhaupt Hassan Rohani zunächst der AKP-Chef Tayyip Erdoğan das Wort ergriff.

Erdoğan: Solange Syrien nicht zur Ruhe kommt, wird die Türkei ebenfalls keinen Frieden finden

Erdoğan sagte: „Unsere Verantwortung in den Deeskalationszonen erfüllen wir mit äußerster Sensibilität. Der 8. Beobachterposten in Idlib zeigt unsere Entschlossenheit. Die Erwirkung der territorialen Integrität Syriens hängt davon ab, alle Terrororganisationen mit derselben Distanz zu behandeln. Es ist wichtig, alle terroristischen Organisationen ohne Ausnahme auszuschließen.

Die Türkei ist das Land, das den wirksamsten Kampf gegen den IS leistet. Wir sind das Land, das den höchsten Preis zahlt. Im Rahmen der Operation Olivenzweig führen wir einen Kampf gegen eine weitere Terrororganisation, die YPG. Während beider Offensiven haben wir ein Gebiet von 4.000 km gesäubert. Wir bringen nicht nur Sicherheit, sondern machen das Land für unsere syrischen Geschwister mit Subaufbau lebensfähig. Wir beheimaten 3,5 Millionen Syrer. Mehrere Hunderttausend syrische Geschwister warten derzeit darauf, im Anschluss an die Säuberung von Sprengstoff in die Region Afrin zurückzukehren.

Wir sind bereit, mit unseren russischen und iranischen Freunden daran zu arbeiten, Til Rifat lebensfähig zu machen. Wir wiederholen, dass wir nicht aufhören werden, bis alle von den YPG kontrollierte Gebiete, insbesondere Minbic, sicher sind.

Unser Kampf gegen die YPG-YPJ beeinträchtigt den Kampf gegen den IS nicht, ganz im Gegenteil: er vervollständigt ihn. In den Gebieten Syriens, in denen Chaos entsteht, wurden erst die Pforten für den IS geöffnet, um im Anschluss die YPG anzusiedeln, damit ein terroristischer Teufelskreis entsteht. Solange Syrien nicht zur Ruhe kommt, wird die Türkei ebenfalls keinen Frieden finden. Die Geschehnisse in Syrien sind für uns von äußerster Bedeutung. Wir sind durch unsere Operationen zivilen Verlusten zuvorgekommen.

Wir stehen gegen Versuche, die Souveränität und territoriale Integrität Syriens zu unterlaufen. Der Verlierer der Geschehnisse ist das syrische Volk. Wir werden nicht zulassen, dass über unsere oder die Zukunft Syriens unter den Angriffen von ein paar Terrororganisationen dunkle Wolken hochziehen. Als Garantiestaaten werden wir entschlossenen Schrittes unsere Ziele anvisieren. In dieser Hinsicht fallen auch Aufgaben für die internationale Öffentlichkeit an. Wir fordern die internationale Öffentlichkeit auf, die Bemühungen für eine politische Lösung der Probleme in Syrien zu unterstützen.“

Ruhani: Allein das syrische Volk kann entscheiden

Anschließend ergriff Irans Staatsoberhaupt Hassan Ruhani das Wort: „Ich freue mich zu sehen, dass die Menschen Syriens heute hoffnungsvoller sind. Auch die Flüchtlinge aus Syrien tragen heute weitaus mehr Hoffnung als in früheren Tagen.

Die Probleme Syriens können nicht auf militärischem Weg gelöst werden. Wir alle müssen uns daran beteiligen, damit der Krieg in Syrien beendet werden kann. Einzig ein friedlicher Lösungsweg muss eingeschlagen werden. Wir müssen den Menschen helfen, in ihre Häuser zurückzukehren.

Die Überreste terroristischer Organisationen müssen weg aus Syrien. Die Zukunft Syriens muss von Syrern selbst und nicht von ausländischen Regierungen bestimmt werden. Indem sie sich an den Wahlen beteiligen und eine Reform der Verfassung verlangen, entscheiden sie über ihre eigene Zukunft. Wir als drei Garanten werden unsere Bemühungen fortsetzen. Der Tag des Festes wird der Tag sein, an dem der Krieg in Syrien vorbei ist.“

Putin: Übereinkunft getroffen

Russlands Staatschef Wladimir Putin sagte: „Wir haben uns mit Fragen, die Syrien betreffen, befasst und wichtige Übereinkünfte getroffen, die auf einer gemeinsamen Erklärung, die von uns allen unterzeichnet wurde, festgehalten worden sind. Russland, die Türkei und Iran haben in Zusammenarbeit dem Terrorismus einen erheblichen Schlag versetzt. Einige versuchen, religiös motivierte und ethnische Konflikte in Syrien zu schüren. Russland, die Türkei und Iran bekräftigen ihr Engagement für die territoriale Integrität Syriens.

Die Frage der humanitären Hilfe sollte nicht politisiert werden. In Ost-Ghouta haben wir eine beispiellose Operation durchgeführt, um Hunderttausende von Menschen zu retten. Von heute an gibt es keine Alternative zum Kongress für den Syrischen Nationalen Dialog.“

Iran fordert, Efrîn an syrisches Regime zu übergeben

Im iranischen Staatsfernsehen wurde Hassan Rohani dagegen mit der Aussage zitiert, dass die von der türkischen Besatzerarmee eroberte Region Efrîn an die syrische Armee übergeben werden sollte. Demnach seien nach Rohani die Entwicklungen in Efrîn nur nützlich, wenn die territoriale Integrität Syriens nicht verletzt wird und die Kontrolle der Region der syrischen Armee übergeben werde.