Samstagsmütter: Türkei ist eine Diktatur

Seit zehn Wochen ist die Kundgebung der Samstagsmütter in Istanbul verboten. Sie findet trotz Polizeiblockade jeden Samstag statt.

Zum 709. Mal sind die Samstagsmütter in Istanbul trotz Polizeiblockade auf der Straße zusammengekommen, um nach dem Verbleib ihrer in Polizeigewahrsam verschwundenen Angehörigen zu fragen und eine Bestrafung der Täter zu verlangen. Unterstützt wurden die Samstagsmütter unter anderem von dem HDP-Abgeordneten Zeynel Özen und der Schauspielerin Nur Sürer.

Thema der heutigen Kundgebung war das Schicksal des 24-jährigen Gymnasiallehrers Hüseyin Toraman, der am 27. Oktober 1991 nach seiner Festnahme verschwunden ist. Verlesen wurde die Erklärung von Ikbal Eren, deren Bruder Hayrettin Eren 1980 nach der Festnahme verschwunden ist.

Ikbal Eren verwies zunächst darauf, dass die Kundgebung der Samstagsmütter seit zehn Wochen rechtswidrig verboten wird. Damit werde das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit verletzt, daher sei sowohl die Verbotsverfügung als auch ihre Durchsetzung eine strafbare Handlung, so Eren. Das Verschwindenlassen von Menschen in Polizeigewahrsam werde hingegen nicht geahndet, in Hunderten Fällen habe es weder hinreichende Ermittlungen noch eine Verurteilung der Täter gegeben.

Die Mutter von Hüseyin Toraman, Hatice Toraman, erklärte auf der Kundgebung: „Wir sollen durch die Verbreitung von Angst und Unterdrückung zum Schweigen gebracht werden. Wir schweigen jedoch nicht, wir werden niemals schweigen. Ich bin in 15 Länder gereist und habe dort erzählt, was die Türkei gemacht hat. In keinem Land bin ich ähnlichen Grausamkeiten wie hier begegnet. Meine Wut und mein Hass finden kein Ende. Seit 27 Jahren lebe ich in Trauer. In der Türkei gibt es keine Menschlichkeit. Hier gibt es Repression, Unterdrückung, Folter, Polizei und Gefängnisse. Selbst die Sultane waren nicht derartig diktatorisch.“