Rojava-Konferenz bei den Vereinten Nationen

Im Büro der Vereinten Nationen in Genf hat eine Konferenz zu Rojava stattgefunden. Auf der Konferenz wurde gefordert, das Schweigen zu den Angriffen des türkischen Staates auf Rojava und Nordsyrien zu brechen.

Parallel zur 41. Sitzung der VN-Menschenrechtskommission fand am Donnerstag im Gebäude der Vereinten Nationen in Genf eine Veranstaltung der Bewegung der Geschwisterlichkeit zwischen den Völkern und dem kurdischen Menschenrechtszentrum eine Konferenz zur Lage in Nord- und Ostsyrien statt. Die Konferenz wurde von Dr. Vicken Chetarian von der Universität Genf, dem Mitglied des Leitungsausschusses der autonomen Region Nord- und Ostsyrien M. Ahmad Omar und dem Schweizer Abgeordneten und Juristen Carlo Sommaruga geleitet. Der Anwalt Leonard Peter übernahm die Moderation und sprach über die aktuelle Lage in Nordsyrien und die gefangenen IS-Dschihadisten.

Der Nationalstaat stellt keine Lösung dar“

Chetarian sprach über die Verluste und Vertreibungen im syrischen Bürgerkrieg und betonte, das Problem sei nicht mit klassischen Konzepten zu lösen. Er erklärte, dass das zentralistische nationalstaatliche System für die politische, kulturelle und ethnische Struktur des Mittleren Ostens nicht angemessen sei und ein Lösungsansatz darüber hinaus gehen müsse. In diesem Sinne seien die de facto autonomen Gebiete in Nordsyrien von besonderer Bedeutung: „Diese Situation existiert seit 2011 in den von den Kurden bewohnten Gebieten. Aber man sollte nicht vergessen, dass die Kurden früher ihre eigene Sprache nicht sprechen konnten und ihnen die Identität verweigert wurde. Das änderte sich mit dem Syrienkrieg. Die Kurden haben de facto autonome Gebiete aufgebaut und das ist auch nicht zurückzudrehen. Aber dies wird weder vom syrischen Regime noch von der Türkei akzeptiert.“ Chetarian betonte, dass der Nationalstaat in Syrien überwunden werden müsse und auf allen Ebenen ein neues System aufgebaut werden sollte.

Omar: Die VN dürfen zur Türkei nicht schweigen

Ahmad Omar aus dem Gründungsrat der Demokratischen Verwaltung von Nordsyrien wies ebenfalls auf die multikulturelle und multiethnische Struktur Nord- und Ostsyriens hin. Er erklärte, dass sie versuchen, dort ein in der Region einzigartiges multiidentitäres und multikulturelles Selbstverwaltungsmodell aufzubauen. Das Modell werde aber vor allem von der Türkei bedroht. Er sprach von der völkerrechtswidrigen Besetzung von Efrîn durch die Türkei und gab an, wie die Türkei Dschihadisten und ihre Familien aus Idlib und ganz Syrien dort ansiedelt, um die demografische Struktur der Region zu verändern. Er forderte die internationale Gemeinschaft und allen voran die VN auf, nicht zu den türkischen Angriffen und der Besatzung zu schweigen.

Sommaruga: Die Schweiz muss ihre Rolle spielen

Der Schweizer Abgeordnete Carlo Sommaruga erinnerte an den Widerstand der Kurd*innen gegen den Islamischen Staat (IS) und kritisierte: „Die Kurden wurden allein gelassen. Sowohl gegenüber Syrien, als auch gegenüber der Türkei. Die Schweiz und die anderen westlichen Länder sollten dafür eintreten, dass Syrien das System von Rojava akzeptiert. Denn die Situation in Syrien ist nicht so wie im Irak. Die irakische Verfassung lässt autonome Gebiete zu. Aber Syrien nicht. Die Schweiz kann eine Vermittlerinnenrolle zwischen den Kurden und der Zentralregierung übernehmen. Sie kann auch vermitteln, um mögliche weitere völkerrechtswidrige und kriegsverbrecherische Angriffe der Türkei zu stoppen. In diesem Sinne können die Türkei und Syrien von den westlichen Staaten und der Schweiz unter Druck gesetzt werden. Diese Länder können ebenso eine Vermittlerrolle einnehmen.“