Nach Machtdemonstration der Leipziger Polizei: Sämtliche Verfahren eingestellt

Vor einem Jahr waren in Leipzig über 70 Menschen auf dem Weg zu einer Öcalan-Kundgebung von der Polizei eingekesselt und Identitätsfeststellungsmaßnahmen sowie Durchsuchungen unterzogen worden, weil sie gegen die Corona-Schutzverordnung verstoßen hätten.

Im Nachgang der Kundgebung „Weg mit dem PKK-Verbot“ am 29. November 2020 in Leipzig war es in der Innenstadt zu einem überzogenen Polizeieinsatz gekommen. Als sich einzelne Teilnehmende der Veranstaltung auf dem Willy-Brandt-Platz in kleinen Gruppen in Bewegung setzten, um zu einer anderen Kundgebung unter dem Motto „Freiheit für Öcalan“ zu gelangen, kesselte die Polizei fast achtzig Personen kurz vor deren Ankunft am Marktplatz ein.

Die zusammengetriebenen Menschen, darunter Minderjährige und auswärtige Gäste kurdischer Organisationen wie etwa der frühere Ko-Vorsitzende des bundesweiten kurdischen Dachverbands KON-MED, Tahir Köçer, führte die Polizei im Verlauf der rund zweistündigen Maßnahme einzeln aus dem Kessel. Sie alle hatten sich anschließend Identitätsfeststellungsmaßnahmen und Durchsuchungen zu unterziehen. Einige mussten sich sogar teilweise entkleiden, alle wurden durch die Polizei fotografiert.

Auch Minderjährige zusammengetrieben

Insgesamt hatte die Polizei 77 Personen, darunter 14 Minderjährige, nach der störungsfrei verlaufenen Kundgebung festgesetzt. Gegen alle Betroffenen wurden Verfahren wegen Verstoß gegen die sächsische Corona-Schutzverordnung eingeleitet. Angeblich hätten sie die erforderlichen Mindestabstände nicht beachtet, Videoaufnahmen belegten das Gegenteil. Wie nun aus der Antwort auf eine Anfrage der linken Landtagsabgeordneten Juliane Nagel an das sächsische Innenministerium hervorgeht, sind sämtliche Verfahren inzwischen wieder eingestellt worden. Zuerst berichtete die Leipziger Zeitung darüber.

Teilnehmende der Kundgebung werden aus dem Kessel gezogen

Aggressive Machtdemonstration

Das Polizeihandeln gegen die linken und kurdischen Teilnehmenden der Leipziger Kundgebung hatte damals wie eine aggressive Machtdemonstration gewirkt. Die Abgeordnete Juliane Nagel, die Anmelderin der Kundgebung auf dem Willy-Brandt-Platz war und das Vorgehen gegen die Eingekesselten beobachtet hatte, warf der Polizei seinerzeit vor, politisch zu agieren: duldsam nach rechts, repressiv nach links. Auch ein YXK-Aktivist, der sich an der Kundgebung beteiligt hatte, bezeichnete die Kesselmaßnahme als politisch motivierte Repression. Bei den selbsternannten „Querdenkern“ habe es in Leipzig kurz zuvor noch anders ausgesehen.

Offen bleibt, was mit den gesammelten Daten geschehen ist.