Am Freitag begann vor dem Oberlandesgericht (OLG) Celle der Prozess gegen die mutmaßliche IS-Anhängerin Lorin I. aus Vechta. Die Angeklagte soll nach ihrer Ausreise nach Syrien in 2014 nicht nur versucht haben, weitere Frauen für die Dschihadistenmiliz „Islamischer Staat” (IS) zu gewinnen, sondern auch zwei Sturmgewehre und eine Handgranate besessen haben. Vor dem Gerichtsgebäude fand eine Kundgebung statt, die die vollständige Aufklärung der IS-Verbrechen forderte.
Nach Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft soll die Deutsch-Syrerin Lorin I. Teil eines sogenannten „Schwesternnetzwerks” radikalisierter Frauen gewesen sein, das weitere Frauen für den IS gewonnen und in die Aktivitäten der Miliz eingegliedert hat. Die 30-Jährige war nach ihrer Abschiebung aus der Türkei Anfang Dezember verhaftet worden. Die Anklage wirft ihr die Mitgliedschaft in der Organisation sowie unerlaubten Besitz von Kriegswaffen vor.
Ezidischer Frauendachverband kritisiert Untätigkeit gegenüber Türkei
Den Teilnehmenden der Kundgebung ging es sowohl darum, alle IS-Anhänger*innen zur Verantwortung zu ziehen, als auch bisher bestehende Lücken in den Ermittlungen um die Unterstützung des sogenannten IS zu füllen. Daher wurde auch auf die nachgewiesenen Verbindungen des türkischen Staates zu den dschihadistischen Gruppen hingewiesen, die sowohl politische als auch wirtschaftliche Unterstützung beinhalteten. Diese Tatsache hat bisher zu keinerlei Konsequenz gegenüber dem NATO-Partner Türkei geführt. Zuletzt hat das türkische Militär am 15. Juni erneut die Region Şengal im Nordirak mit Kampfflugzeugen angegriffen, was eine Kontinuität in den Angriffen gegen die Ezid*innen darstellt.
Die Kundgebung stand auch in Solidarität mit den Betroffenen, Hinterbliebenen und denjenigen, die noch in den Fängen des IS versklavt gehalten werden. Der Genozid im Şengal wurde auch als klarer Feminizid benannt, in dem gezielt Ezidinnen versklavt und getötet wurden, um das Ezidentum auszulöschen.
„Wir fordern Gerechtigkeit – ohne Gerechtigkeit gibt es keinen Frieden“, schloss eine Rednerin vom Dachverband des Êzidischen Frauenrates e.V. (SMJÊ). Und machte damit deutlich, dass sie auch weiterhin gegen die Verbrechen aufstehen werden.
Zu der Kundgebung hatten neben SMJÊ auch „Hêvî – Hilfe für Frauen in Not“ und die feministische Kampagne „Gemeinsam Kämpfen – für Selbstbestimmung und Demokratische Autonomie“ aufgerufen.