Wenige Tage vor Weihnachten hatte US-Präsident Donald Trump den vollständigen Abzug der rund 2000 US-Soldaten aus Syrien angekündigt, da die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) besiegt sei. Die Ankündigung veranlasste Verteidigungsminister Jim Mattis zum Rücktritt. Kurz danach erklärte auch der US-Sonderbeauftragte für den Kampf gegen den IS, Brett McGurk seinen Abgang.
McGurk kritisierte nun, dass Trump seine Entscheidung zum Truppenzug ohne Konsultation mit den internationalen Verbündeten und dem US-Kongress sowie ohne „Risikoeinschätzung und Auswertung der Fakten“ getroffen habe. Die Verbündeten in der US-geführten Allianz gegen den IS, der unter anderem auch Frankreich und Großbritannien angehören, habe die Entscheidung des Präsidenten „konsterniert“ hinterlassen, schreibt McGurk in einem Artikel für die Washington Post.
Durch den Abzug werde ein „Vakuum“ in Syrien geschaffen, in das der IS und andere extremistische Gruppen hineinstoßen würden, warnte McGurk. Diese Gruppen könnten auf diese Weise ihre Fährigkeiten erneuern, „unsere Freunde in Europa und letztendlich auch unsere Heimat zu bedrohen“.
„Die Türkei ist kein vertrauenswürdiger Partner“
McGurk erklärte, man müsse sich jetzt mit vier bitteren Realitäten in Syrien auseinandersetzen. Er fasste diese vier Punkte unter den Überschriften zusammen: „Wir verlassen Syrien. Assad bleibt. Im Nordosten von Syrien können nur die QSD für Stabilität sorgen. Die Türkei ist kein verlässlicher Partner in Syrien.“
Weiter führte er aus, dass der IS noch vor Kurzem vor den Toren Bagdads stand, der Irak aber heute so sicher wie seit Jahren nicht mehr sei: „Diese hart errungenen Erfolge wurden durch das Engagement der Partner vor Ort erzielt - irakische Sicherheitskräfte, kurdische Peschmerga, syrische Oppositionskämpfer und die Demokratischen Kräfte Syriens, sie alle haben einen hohen Preis in Blut gezahlt.“
Er selbst habe von der Rückzugsentscheidung Trumps in einem Telefongespräch mit US-Außenminister Pompeo erfahren, schrieb McGurk: „Ich kehrte sofort nach Washington zurück, um die Auswirkungen dieser Entscheidung abzumildern, insbesondere was unsere Koalitionspartner betrifft. Wir hatten ihnen gerade eben auf Weisung des Weißen Hauses versichert, dass wir nicht vorhätten, Syrien in Kürze zu verlassen.“ Wenige Tage vor Trumps Verkündung über den Truppenabzug hatten sich McGurk und der zurückgetretene Verteidigungsminister Jim Mattis mit den Koalitionspartnern getroffen und die Absicht verkündet, bis 2020 in Syrien zu bleiben.
„Unsere Partner waren brüskiert“
McGurk schrieb weiter, die Rückzugsentscheidung habe die westlichen Partner brüskiert. Die QSD seien ebenfalls verwirrt gewesen, hätten aber gleichzeitig bekräftigt, den Kampf gegen den Terror fortsetzen zu wollen. „Ich kam bald zu dem Schluss, dass ich diese neuen Anweisungen nicht effektiv umsetzen konnte, und reichte am 22. Dezember meinen Rücktritt ein.“
McGurk betonte, dass Trumps Erklärung, den IS besiegt zu haben, nicht richtig und ein dreißigtägiger Rückzugsplan „logistisch unmöglich“ sei. Er stellte heraus, dass die Türkei ohne Unterstützung der USA keine hunderte Kilometer nach Syrien eindringen und Operationen durchführen könne und schrieb: „Viele der von der Türkei unterstützten syrischen Oppositionsgruppen schließen Extremisten ein, die offen ihre Absicht erklärt haben, gegen die Kurden und nicht gegen den Islamischen Staat zu kämpfen“.
Den neuesten Vorschlag Trumps kommentierte McGurk ebenfalls: „Der jüngste Vorschlag von Trump - per Tweet hatte er sich für eine 20-Meilen-Sicherheitszone ausgesprochen, die nach Aussagen Erdoğans von der Türkei errichtet werden soll - scheint ebenfalls ohne Nachdenken oder Analyse gemacht worden zu sein. Dieses Gebiet würde alle kurdischen Gebiete in Ostsyrien umfassen. Es gibt weder eine Kraft, die bereit ist, die Macht zu übernehmen, noch die Zeit, um eine Sicherheitszone aufzubauen, während amerikanische Truppen sich auf die Abreise vorbereiten. Der Einmarsch von der Türkei unterstützter Oppositionskräfte würde wahrscheinlich Tausende von Kurden vertreiben und die in der Region verstreuten christlichen Gemeinschaften bedrohen.“
Brett McGurk warnte: „Unsere Partner werden aufhören, uns zuzuhören und damit beginnen, Entscheidungen entgegen unseren Interessen zu fällen. (...) Die Ironie ist, dass der Präsident von Anfang an sagte, es sei sein Ziel, den Islamischen Staat zu besiegen. Im Jahr 2016 gelobte er, „die Hölle aus dem IS herauszuprügeln.“