Martina Renner: Den kurdischen Anliegen Gehör verschaffen

Bei einem Besuch der Hungerstreikenden in Straßburg hat sich Martina Renner, Bundestagsabgeordnete der Linksfraktion, mit den Forderungen solidarisiert und eine größere Aufmerksamkeit für die kurdischen Anliegen gefordert.

Am 50. Tag des Hungerstreiks in Straßburg gegen die Isolation Abdullah Öcalans haben Martina Renner und Gökay Akbulut, beide Bundestagsabgeordnete der Linksfraktion, die Aktivistinnen und Aktivisten im kurdischen Gesellschaftszentrum besucht. Da die 14 Hungerstreikenden mittlerweile sehr geschwächt sind, konnten die beiden Linkspolitikerinnen nur kurze Gespräche mit ihnen führen.

Martina Renner, die neben ihrer Funktion als stellvertretende Vorsitzende der Partei DIE LINKE auch Sprecherin der Fraktion für antifaschistische Politik und Mitglied des Innenausschusses des Bundestags ist, äußerte sich anschließend gegenüber ANF zu den Forderungen der Kurden.

„Wir als Linke unterstützen die Forderungen, die auch hier eine Rolle spielen. In erster Linie natürlich ein Ende der Repression gegen die politischen Gefangenen in der Türkei, ihre Freilassung, und was die Situation von Abdullah Öcalan angeht, natürlich die Aufhebung der Isolationshaft. Darüber hinaus sind wir in großer Sorge über die Situation in den autonomen kurdischen Regionen in Nordsyrien. Dort droht der Einmarsch der türkischen Armee. Mit ihr verbündet sind die islamistischen Schergen des Islamischen Staates. Das ist eine besondere Situation und wir verstehen, dass viele kurdische Menschen auch in Europa verzweifelt sind und das Gefühl haben, dass die europäischen Regierungen sie nicht hören. Deswegen sind wir hier, um deutlich zu zeigen: Wir sind solidarisch.“

Die Linke werde diese Themen auch im Bundestag einbringen, so Martina Renner weiter: „Das sind auch unsere Forderungen: Stopp der Rüstungsexporte in die Türkei sowie ein Ende der militärischen, polizeilichen und geheimdienstlichen Zusammenarbeit. Wir wollen auch ein klares Zeichen für die Menschen in Nordsyrien setzen, die ihr demokratisches Projekt verteidigen müssen. Aus diesen Gründen sind wir heute nach Straßburg gekommen.“

Dass die Forderungen der Kurdinnen und Kurden in der bundesdeutschen Öffentlichkeit so wenig Aufmerksamkeit finden, liege unter anderem an dem seit 25 Jahren bestehenden Betätigungsverbot für die PKK, erklärte Martina Renner. „Der Staat diskriminiert, verfolgt und kriminalisiert die kurdischen Anliegen immer noch. Das macht es schwer, eine Öffentlichkeit herzustellen. Die staatliche Sicht auf die kurdische Bewegung besagt: Das sind Terroristen und deshalb wird nicht gesehen, dass es in erster Linie um Demokratie und Gleichberechtigung, insbesondere auch um Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern, geht.“

Es werde auch übersehen, dass die Kurden die entscheidende Kraft im Kampf gegen die islamistische Barbarei seien. Statt Anerkennung setze die Bundesregierung auf Repression: „Die Bundesrepublik und andere europäische Staaten stehen an der Seite des Erdoğan-Regimes. Das hat innenpolitische Gründe in Deutschland, es gibt diesen schmutzigen Flüchtlingsdeal. Es hat auch außenpolitische Gründe, man ist gemeinsam in der NATO.“

Die Forderung der Hungerstreikenden nach Aufhebung der Isolation Abdullah Öcalans sei ein „Mindeststandard an Rechtsstaatlichkeit und Menschenwürde auch für Gefangene“, so die Bundestagsabgeordnete. Dazu gehöre regelmäßiger Kontakt mit Anwälten, Angehörigen und anderen Gefangenen: „Das ist ein Menschenrechtsstandard, der in jedem Land gelten muss. Das ist universell und muss auch in der Türkei gelten. Wir beobachten jedoch schon lange, dass man dem türkischen Regime wirklich alles durchgehen lässt. Es gibt Wahlfälschung, die Drangsalierung der freien Presse, politisch motivierte Gerichtsverfahren. Dazu kommen die militärischen Drohungen gegenüber den kurdischen Autonomiegebieten in Nordsyrien, das gehört ja alles zusammen.“

Notwendig sei daher ein starker Druck aus Europa auf die Türkei, insbesondere die Bundesrepublik müsse ihre Haltung gegenüber Erdoğan ändern. „Es muss deutlich gemacht werden, dass Erdoğan dafür keine Unterstützung in Europa hat.“

In der aktuellen Situation sei nicht zu erwarten, dass eine Eskalation des Hungerstreiks eine Veränderung in der Haltung der Bundesregierung hervorrufen werde. Daher sei es umso wichtiger, eine Öffentlichkeit zu den Anliegen der kurdischen Bewegung herzustellen, so die Linkspolitikerin.