Ein aus dem Kosovo stammender US-Amerikaner ist am Freitag unter anderem wegen der Rekrutierung von Mitgliedern für die Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Nach Angaben des US-Justizministeriums war Mirsad Kandic zwischen 2013 und 2017 ein ranghoher Angehöriger der Dschihadistenmiliz. Als Anwerber habe der 40-Jährige „tausende radikalisierte Freiwillige aus westlichen Ländern in die vom IS kontrollierten Gebiete in Syrien und anderswo im Nahen Osten“ geschickt. Darüber hinaus sei er für „IS-Medien“ tätig gewesen und habe die Propaganda- und Rekrutierungsbotschaften der Islamisten online verbreitet, unter anderem über mehr als 120 Konten auf Twitter.
Kandic war 2013 von New York nach Syrien gegangen, wo er sich dem IS anschloss. Die Ausreise gelang ihm, obwohl sein Name auf eine Flugverbotsliste der USA gesetzt wurde. Laut der US-Staatsanwaltschaft habe er eine „komplizierte Route“ mit Zwischenstopps in Texas, Mexiko, Panama, Brasilien, Portugal und Deutschland genommen. 2012 war er zwei Mal von den amerikanischen Behörden daran gehindert worden, die USA Richtung Europa zu verlassen.
Beim IS habe sich Kandic zunächst im nördlichen Syrien aufgehalten und an „Kampfeinsätzen“ teilgenommen, unter anderem am Stadtrand von Aleppo. Außerdem sei er beteiligt gewesen am Bau eines Tunnelsystems an der Grenze zwischen Syrien und der Türkei. Später habe er unter anderem von der westtürkischen Bosporus-Metropole Istanbul aus dabei geholfen, Dschihadisten und Waffen für den IS nach Syrien zu schmuggeln, erklärte das US-Justizministerium.
Zu den von Kandic angeworbenen Freiwilligen gehörte unter anderen der Australier Jake Bilardi. Der Teenager aus Melbourne schloss sich dem IS im Jahr 2014 an. Im März 2015 sprengte er sich etwa zeitgleich mit weiteren Selbstmordattentätern in der irakischen Provinzhauptstadt Ramadi in die Luft. Verschiedenen Quellen zufolge wurden zwischen 17 und 30 Menschen mit in den Tod gerissen.
An die USA ausgeliefert
Anfang 2017 tauchte Kandic in Bosnien-Herzegowina unter. Im Juli desselben Jahres wurde er in der bosnischen Hauptstadt Sarajewo verhaftet und drei Monate später an die USA ausgeliefert. Im Mai 2022 wurde er von einem Geschworenengericht wegen Verschwörung und Unterstützung des IS in fünf Fällen verurteilt.
Das „Kalifat“ gilt als zerschlagen
Der IS hatte 2014 weite Teile des Irak und Syriens überrannt und eine Schreckensherrschaft installiert. Über die Staatsgrenzen hinweg rief die Dschihadistenmiliz ein „Kalifat“ aus. Im ezidischen Hauptsiedlungsgebiet Şengal im Nordwesten des Iraks verübte der IS im August 2014 einen Genozid und Femizid, mehr als 10.000 Menschen wurden ermordet. 2017 konnte der IS aus dem Irak und zwei Jahre später aus Syrien vertrieben werden. Schläferzellen verüben aber immer noch Attentate. Im ersten Halbjahr 2023 reklamierte die Terrormiliz mindestens 63 Anschläge allein in Syrien für sich.
Titelbild: Ajay Suresh | Creative Commons