Langer Marsch nach Athen: „Freiheit für Abdullah Öcalan!“

Vor 24 Jahren wurde der PKK-Vorsitzende Abdullah Öcalan durch einen Coup unter Beteiligung mehrerer Geheimdienste aus Kenia in die Türkei verschleppt. In Griechenland fordern Aktivist:innen seine Freilassung und eine Lösung der kurdischen Frage.

Vor 24 Jahren wurde der PKK-Vorsitzende Abdullah Öcalan in einem internationalen Coup unter Beteiligung mehrerer Geheimdienste aus Kenia in die Türkei verschleppt. Aufgrund der Erdbebenkatastrophe in Kurdistan, der Türkei und Syrien sind die meisten der in Europa geplanten Protestaktionen gegen das internationale Komplott, mit dem die kurdische Befreiungsbewegung zerschlagen werden sollte, abgesagt worden. Der kurdische Europaverband KCDK-E hat die Großdemonstration, die am vergangenen Wochenende wie in jedem Jahr rund um den 15. Februar in Straßburg stattfinden sollte, auf den 8. April verschoben.

In Griechenland findet trotzdem eine mehrtägige Demonstration für die Freilassung von Öcalan statt. Der lange Marsch ist heute aus dem selbstverwalteten Camp Lavrio gestartet und wird am Mittwoch Athen erreichen. Organisiert wird die Demonstration von der kurdischen Jugendbewegung (Tevgera Ciwanên Şoreşger), dem Demokratischen Kulturzentrum Athen und der Kurdischen Frauenbewegung in Europa (TJK-E).

Bei den Aktivist:innen handelt es sich um fünfzig überwiegend junge Menschen aus allen vier Teilen Kurdistans. Die zentrale Forderung lautet „Freiheit für Öcalan, Status für Kurdistan“. Die Teilnehmenden tragen Bilder von Abdullah Öcalan und PKK-Fahnen und rufen Parolen auf Griechisch, Türkisch und Kurdisch. Auf der ersten Etappe wurden die jungen Aktivist:innen von Einwohner:innen aus Lavrio begleitet.

Zum Abschluss des langen Marsches wird am 15. Februar um 17 Uhr eine Demonstration mit großer Beteiligung zur türkischen Botschaft in Athen stattfinden.

Hintergrund: Abdullah Öcalan ist eine Schlüsselfigur

Abdullah Öcalan, geboren am 4. April 1949, studierte politische Wissenschaften in Ankara. Er initiierte 1978 die Gründung der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und führte als ihr Vorsitzender bis zu seiner Verschleppung im Februar 1999 den kurdischen Befreiungskampf aktiv an.

Neben zahlreichen Arbeiten über die Kultur und die Lage seines Volkes beschäftigte er sich in vielen Vorträgen und Büchern mit Themen aus den Bereichen Philosophie, Religion, Geschlechterfragen und Umweltproblematik und setzte sich immer wieder für ein friedliches Zusammenleben aller Völker im Mittleren Osten ein.

Seit seiner völkerrechtswidrigen Entführung aus Kenia am 15. Februar 1999 befindet er sich in einem Gefängnis auf der türkischen Insel Imrali im Marmarameer, mehr als zehn Jahre davon als einziger Gefangener. Am 29. Juni 1999 wurde er vom türkischen Staatssicherheitsgerichtshof zum Tode verurteilt. Inzwischen wurde die Todesstrafe in der Türkei abgeschafft und das Urteil gegen Abdullah Öcalan in eine verschärfte lebenslängliche Freiheitsstrafe umgewandelt.

Trotz der unmenschlichen Isolationshaft setzt er sich auch aus der Haft heraus im Rahmen seiner Möglichkeiten weiter für eine friedliche Lösung der kurdischen Frage ein. Er gilt weiterhin als führender Stratege und einer der wichtigsten politischen Repräsentanten des kurdischen Volkes .

In Isolationshaft auf der Insel Imrali verfasste Öcalan mehr als zehn Bücher, welche die kurdische Politik revolutionierten. Mehrfach initiierte er einseitige Waffenstillstände der Guerilla und lieferte konstruktive Vorschläge für eine politische Lösung der kurdischen Frage. Seine Konzepte wie der „demokratische Konföderalismus“ sind eine wesentliche Inspiration für das revolutionär-demokratische Projekt in Nordsyrien.

Ein „Friedensprozess“ begann 2009, als der türkische Staat auf Öcalans Aufrufe, die kurdische Frage politisch zu lösen, reagierte. Die Regierung brach den Dialog mit Öcalan und der PKK Mitte 2015 ab und setzt seither wieder auf eine militärische Vernichtungspolitik.

Seit dem 27. Juli 2011 wird Öcalan und seinen Mitgefangenen der Zugang zu Anwältinnen und Anwälten verwehrt. Eine Ausnahme bilden mehrere Anwaltsbesuche zwischen Mai und August 2019, die durch einen Massenhungerstreik erkämpft wurden.

Seit April 2015 ist die Gefängnisinsel Imrali vollständig von der Außenwelt isoliert. Keinerlei Besuch ist möglich, es gibt keine Kommunikation mit den Gefangenen. Das letzte Lebenszeichen war ein aus unbekannten Gründen nach wenigen Minuten unterbrochenes Telefonat zwischen Öcalan und seinem Bruder im März 2021.