Landgericht Berlin verbietet AfD-Politiker Hetze gegen Sea-Eye

Das Landgericht Berlin hat eine einstweilige Verfügung gegen den AfD-Abgeordneten Georg Pazderski erlassen. Hintergrund ist die Behauptung des rechtsextremen Politikers, die Rettungsorganisation Sea-Eye hätte den Attentäter von Nizza nach Europa gebracht.

Das Landgericht Berlin hat eine einstweilige Verfügung gegen den AfD-Politiker Georg Pazderski erlassen. Die Verfügung untersagt dem AfD-Fraktionsvorsitzenden im Abgeordnetenhaus von Berlin zu behaupten, die Aktivistinnen und Aktivisten der Seenotrettungsorganisation Sea-Eye hätten den Attentäter von Nizza nach Europa gebracht. Pazderski hatte dies Anfang November in einem auf Facebook veröffentlichten Post behauptet und angedeutet, dass die Besatzung des Rettungsschiffes „Alan Kurdi” eine Mitverantwortung für den Tod der Terroropfer von Nizza trage. Bei dem islamistisch motivierten Anschlag in einer Kirche in der südfranzösischen Küstenstadt Nizza hatte es Ende Oktober drei Tote - zwei Frauen sowie den Aufseher der Kirche - gegeben. Der Beitrag Pazderskis wurde tausendfach geteilt und der Regensburger Verein erhielt daraufhin viele Hassnachrichten, Anschuldigungen und sogar Morddrohungen gegen seine Seenotretter*innen.

Sea-Eye hatte noch am gleichen Tag klargestellt, dass die Behauptung des AfD-Politikers nicht den Tatsachen entspricht und Strafanzeige wegen aller in Frage kommenden Straftaten erstattet. Italiens Innenministerin Luciana Lamorgese bestätigte noch vor Pazderskis Veröffentlichung, dass der Mörder von Nizza in einem mit etwa zwei Dutzend Personen besetzten kleinen Schlauchboot selbständig in Lampedusa angekommen sei. Auch die Süddeutsche Zeitung rekonstruierte noch vor Pazderskis Lüge, wie der Attentäter nach Europa gelangte.

Isler: Missbrauch unermesslichen menschlichen Leids

„Wir müssen deshalb davon ausgehen, dass es Pazderskis Absicht war, die Situation und die Betroffenheit der Menschen gezielt auszunutzen, um sich politisch zu profilieren, Aufmerksamkeit zu erhaschen und gegen Sea-Eye zu hetzen. Der Missbrauch dieses unermesslichen menschlichen Leids gibt der Gesellschaft einen eindeutigen Blick auf den Charakter dieses Politikers“, sagt Gorden Isler, Vorsitzender von Sea-Eye e.V.

Darüber hinaus ging Sea-Eye zivilrechtlich gegen Georg Pazderski vor. Das Landgericht Berlin erließ auf Antrag des Düsseldorfer Rechtsanwalts Jeremias Mameghani bereits im November eine einstweilige Verfügung gegen den AfD-Politiker, wonach dieser unter Androhung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 Euro oder Ordnungshaft diese Behauptung nicht wiederholen dürfe. Diese Entscheidung konnte Pazderski laut Mameghani erst jetzt zugestellt werden, da zunächst die Privatanschrift ermittelt werden musste und es offenbar wegen Corona zu Verzögerungen bei Gericht gekommen sei.

Pazderski wird durch Kanzlei von Ralf Höcker vertreten

„Einen besonderen Beigeschmack hat es doch, dass Georg Pazderski nunmehr die Kölner Kanzlei von Prof. Dr. Ralf Höcker bestellt habe, welcher auch der frühere Präsident des Verfassungsschutzes, Dr. Hans-Georg Maaßen, angehört“, sagt Jeremias Mameghani, Rechtsanwalt von Sea-Eye e.V.

Die Kölner Kanzlei ließ am Freitagmorgen ausrichten, dass geprüft werde, ob Pazderski gegen die Entscheidung des Landgerichts Berlin vorgehen oder diese akzeptieren werde. Für den Fall, dass Pazderski die Entscheidung annehme oder das Gericht diese bestätige, muss der AfD-Politiker die Kosten des Verfahrens tragen.

„Für diesen Fall werde ich meine Gebühr natürlich an Sea-Eye spenden, um den Ausbau des neuen Rettungsschiffes SEA-EYE 4 zu unterstützen“, erklärte Mameghani. Der Verein Sea-Eye hat derweil angekündigt, weiter gegen Hass und Hetze kämpfen, die sich gegen seine Seenotretter*innen richten. „Wir arbeiten hier eng mit der Regensburger Polizei zusammen und werden jede Straftat zur Anzeige bringen“, so Gorden Isler.