Lage an der griechisch-türkischen Grenze eskaliert weiter

Während verzweifelte Schutzsuchende versuchen, über die angeblich offene EU-Außengrenze nach Griechenland zu kommen, eskaliert die Türkei die Lage weiter und dringt mit F-16-Bombern im Tiefflug in griechischen Luftraum ein.

Auch der gestrige Tag war geprägt von schweren Übergriffen der griechischen Polizei auf Schutzsuchende und heftigen Auseinandersetzungen. Verzweifelte Menschen versuchten den Grenzzaun zu überwinden. Dabei flogen von türkischer Seite auch Brandsätze auf die griechische Polizei. Ob diese von türkischen Provokateuren oder Schutzsuchenden geworfen wurden, bleibt unklar. Die griechischen Sicherheitskräfte schossen Tränengas und Blendgranaten über den Zaun.

Währenddessen drangen zwei türkische F-16-Bomber in den griechischen Luftraum über dem Grenzfluss Evros ein und flogen teilweise in nur wenigen hundert Metern Höhe. Am Mittwochmorgen hatte es bereits einen Vorfall auf See vor der griechischen Insel Kos gegeben, bei dem ein türkisches Boot der Küstenwache ein Schnellboot der griechischen Küstenwache mit seinem Bug rammte und an der Reling beschädigte. Verletzt wurde niemand.

Währenddessen kündigte Regimechef Erdogan an, die Lage weiter zu eskalieren, bis die EU alle seine Forderungen erfülle. „Bis alle Erwartungen der Türkei spürbar erfüllt sind, werden wir die Praxis an unseren Grenzen fortsetzen“, erklärte er. Konkrete Erwartungen äußerte der Diktator ebenfalls: Wiederaufnahme der Verhandlungen über Visafreiheit, die Eröffnung neuer Kapitel im EU-Beitrittsprozess Ankaras, eine Modernisierung der Zollunion und zusätzliche finanzielle Unterstützung. Erdogan drohte weiter: „Mit der Erwärmung des Wetters im Frühjahr wird sich der Zustrom irregulärer Migranten, die nach Europa kommen, nicht auf Griechenland beschränken, sondern sich über das gesamte Mittelmeer ausbreiten.“

Gespräche stehen bevor

In den kommenden Tagen sind zunächst Gespräche zwischen dem EU-Außenbeauftragten Josep Borrell und dem türkischen Außenminister Cavusoglu mit einem Team von Fachleuten geplant, um zu klären, wo die größten Differenzen zwischen EU und Türkei liegen. Für den kommenden Dienstag hat Erdogan des Weiteren einen Gipfel in Istanbul angekündigt, an dem Bundeskanzlerin Angela Merkel, der französische Präsident Emmanuel Macron und eventuell auch der britische Premierminister Boris Johnson teilnehmen sollen. Bis zum geplanten EU-Gipfel am 26. März soll dann laut Cavusoglu ein „Fahrplan" für die Überarbeitung des Flüchtlingsabkommens stehen. Erdogan möchte bis dahin möglichst hohen Druck erzeugen, um einen Deal mit der EU durchzusetzen.

Bundesregierung will Deal um jeden Preis

Gut unterrichtete Kreise aus Brüssel berichten von internen Disputen innerhalb der EU. So gibt es unter anderem einen Konflikt zwischen Deutschland und Griechenland. Deutschland versucht Quellen aus Brüssel zufolge, einen möglichst positiven Diskurs der EU gegenüber der Türkei durchzusetzen und drängt in Erklärungen auf eine möglichst türkeifreundliche Sprache. So erklärten die Merkel-Vertraute und EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und EU-Ratschef Charles Michel nach einem Treffen mit dem türkischen Regimechef Erdogan am Montagabend, der Pakt von 2016 bleibe gültig, Differenzen bei der Umsetzung sollten in den nächsten Tagen geklärt werden.