Gestern Vormittag stellte der Bundesinnenminister Seehofer die Statistik politisch motivierter Kriminalität vor. Insbesondere die Gewaltdelikte im „Phänomenbereich Rechtsextremismus“ sind auch im vergangenen Jahr weiter gestiegen. Während die Gewaltdelikte um 2,3 Prozent anstiegen, nahmen rassistische und antisemitische Übergriffe um ganze 20 Prozent zu.
Wo das Innenministerium den eigentlichen Feind sieht, wird jedoch in Anbetracht der Erklärung des Innenministers für den Phänomenbereich „ausländische Ideologie“ deutlich. Hier ist die Rede von einer Verdopplung der „Straftaten“ im Vergleich zum Vorjahr auf 2.487 Fälle. Das Bundesinnenministerium sieht hier vor allem die türkische Offensive auf Efrîn als Anlass. Das Innenministerium klagt: „Mit dem militärischen Vorgehen der Türkei wurden ‚die Kurden‘ stärker als in der jüngeren Vergangenheit in den Augen der Öffentlichkeit als Opfer wahrgenommen.“ Dies habe zu einer „sensiblen außenpolitischen Situation“ geführt, dennoch bleibe „die langfristige ganzheitliche Bekämpfung der in Deutschland trotz des hier vorliegenden Betätigungsverbots weiterhin agierenden Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) oberstes Ziel.“
Während Dschihadisten und auch der IS in dem Bericht nur eine Randnotiz darstellen, ist die Bekämpfung der kurdischen Freiheitsbewegung also Priorität. Die innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, Ulla Jelpke, kommentiert dazu:
„Seehofers Perspektive wird offenkundig von alten Feindbildern verzerrt. Anders ist nicht zu erklären, warum er ausgerechnet die Bekämpfung der kurdischen PKK als ‚oberstes Ziel‘ nennt. In einer Zeit, in der nicht nur deutsche Neonazis, sondern auch türkische Faschisten und Dschihadisten verschiedenster Couleur Gewalttaten planen und Andersdenkende bedrohen, erscheint die Fokussierung Seehofers auf die PKK regelrecht obsessiv.“
Hinzuzufügen wäre, dass selbst das Innenministerium die Mehrheit der registrierten Fälle als „versammlungstypische Straftaten“ beschreibt, also Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Landfriedensbruch, Verstoß gegen das Vereinsgesetz. Viele dieser Tatbestände treten allerdings nur als Folge des PKK-Verbots auf. So gab es insbesondere im vergangenen Jahr ständig wechselnde, willkürliche Verbote von Fahnen oder Symbolen der verschiedensten kurdischen Organisation als angebliche „PKK-Ersatzsymbole“. Dies führte zu massiven Polizeiangriffen und Körperverletzungen an Demonstrationsteilnehmer*innen durch Polizeibeamte. Aber nicht nur das, insbesondere in Bayern wurden Personen mit Anzeigen wegen „Verstoß gegen das Vereinsgesetz“ wegen des Teilens von Bildern mit YPG-Fahnen überzogen. Absurden Höhepunkt erreichte die Verfolgungswut mit dem Verfahren gegen einen Musiker wegen Teilen eines Artikels auf der Website des Bayerischen Rundfunks auf dem eine Fahne der YPG zu sehen war.