Kundgebung gegen Abschiebehaft in Hannover

Anlässlich des 20. Todestages von Arumugasamy Subramaniam fand heute in Hannover eine Kundgebung statt. Die Versammlung, zu der das Bündnis „Gemeinsam in die Offensive“ aufgerufen hatte, richtete sich gegen Abschiebehaft, Gefängnisse und Grenzregime.

Anlässlich des 20. Todestages von Arumugasamy Subramaniam fand heute in Hannover eine Kundgebung statt. Die Versammlung, zu der das Bündnis „Gemeinsam in die Offensive“ aufgerufen hatte, richtete sich gegen Abschiebehaft, Gefängnisse und Grenzregime.

Dem Aufruf des GidO-Bündnisses zur Kundgebung „Break Free! Für eine Welt ohne Knäste, Mauern, Grenzen!“ am Platz vor dem Hauptbahnhof folgten etwa 150 Teilnehmer*innen. Mit Rede- und Musikbeiträgen, Slogans und Transparenten forderten die Anwesenden ein Ende aller Abschiebungen, eine Gesellschaft ohne Gefängnisse und Grenzen und Arumugasamy Subramaniam sowie alle, die ihr Leben aufgrund von Grenzregimen und Abschiebungen verloren haben, nicht zu vergessen.

Gedenken an Arumugasamy Subramaniam

Am 8. Dezember 2000 nahm sich der 17-jährige tamilische Jugendliche Arumugasamy Subramaniam im Abschiebegefängnis Hannover-Langenhagen das Leben, um seiner Abschiebung nach Sri Lanka zu entgehen. Im Redebeitrag des Volksrats der Eelam Tamil*innen ging eine Aktivistin auf die damalige Situation in Tamil Eelam ein: „Vor 20 Jahren, als Arumugasamy Subramaniam sich das Leben nahm, fand auf Sri Lanka ein Bürgerkrieg zwischen der sozialistischen LTTE und dem Regime statt. Die tamilische Bevölkerung hatte im Norden und Osten der Insel de facto einen Staat errichtet, der Schluss machen wollte mit der Verfolgung und ein freies unabhängiges Leben jenseits von nationaler Verfolgung, sozialen Klassen, dem feudalen Kastenwesen und dem Patriarchat ermöglichen. Die tamilische Bevölkerung war täglich den Angriffen des sri-lankischen Militärs ausgesetzt. Es war damals unmenschlich, Menschen in ein Bürgerkriegsland abzuschieben und das ist es bis heute.“

Vor seiner Festnahme und der Abschiebehaft in Langenhagen lebte Arumugasamy Subramaniam bei seiner Tante und seinem Onkel und deren Kindern. Vor 20 Jahren nahmen sie an den Protesten gegen seinen Tod teil. Von der heutigen Kundgebung haben sie leider erst am Samstagmorgen erfahren und ließen per Telefon ihre Wünsche und ihren Dank an die Teilnehmer*innen und Organisator*innen ausrichten.

„Erinnern bedeutet für uns immer auch handeln und kämpfen. Deswegen kämpfen wir mit euch gemeinsam dafür, die Erinnerung an Arumugasamy Subramaniam wach zu halten. Und wir kämpfen dafür, dass alle Menschen frei von Unterdrückung dort leben können, wo sie möchten“, fuhr die Aktivistin fort.

„Für eine Welt ohne Knäste, Mauern, Grenzen“

Erst wenige Monate vor Arumugasamy Subramaniams Tod war die JVA-Außenstelle in Langenhagen als Niedersachsens zentrales Abschiebegefängnis in Betrieb genommen worden. Die drei Gebäude eines ehemaligen Kasernengeländes, die in unmittelbarer Nähe zum Flughafen liegen, waren noch in den 90er Jahren Teil der „Zentralen Aufnahmestelle für Asylsuchende“ und haben darum hohe symbolische Bedeutung für die Region. In Langenhagen werden Menschen aus Niedersachsen und anderen Bundesländern inhaftiert, um ihre Abschiebung durchzusetzen. Der Protest gegen die Einrichtung einer Zentralen Abschiebebehörde an dem Standort im Sommer 2019 war leider nicht erfolgreich.

Die Redebeiträge richteten sich wie die gesamte Kundgebung auch gegen die konkrete Politik der Bundesregierung und Europäischen Union zur Abschottung der Festung Europas sowie gegen das System der Nationalstaaten mit ihren Grenzen und Repressionsstrukturen als solches.

NAV-DEM: System der Nationalstaaten liegt Rassismus zugrunde

NAV-DEM Hannover erinnerte in seinem Redebeitrag an die vielen Menschen, die von Abschiebungen betroffen sind, und benannte den Rassismus, der dem System der Nationalstaaten zugrunde liegt: „Nach ein paar Jahren, vielleicht sogar nachdem sie hier geboren und ihr gesamtes Leben verbracht haben, werden diese Menschen aus ihrem Leben gerissen und abgeschoben. Weil sie nicht den richtigen Pass haben. Weil sie nicht die richtige Sprache sprechen. Weil sie als anders dargestellt und behandelt werden. Weil der Normalzustand in Deutschland ein rassistischer ist. Auf diesem Rassismus basiert das System der Nationalstaaten. Gesellschaften und Menschen werden auseinandergerissen, um sie in Grenzen, in Staaten, hinter Mauern einzusperren und gegeneinander aufzubringen. Die Nationalstaaten sind aber kein Schicksal. Sie sind nicht das Ende der Geschichte. Sie werden überall auf der Welt von den Menschen und Gesellschaften infrage gestellt und abgelehnt.

Weitere Redebeiträgen wurden von zwei sudanesischen Aktivist*innen, der Autonomen Umland Antifa (AUA), der Gruppe Solinet, dem Netzwerk Hannover Solidarisch sowie der Ortsgruppe der Roten Hilfe in Hannover gehalten.

Pöbeleien von Rassisten 

Die Teilnehmer*innen der Kundgebung wurden mehrmals von verschiedenen, vermeintlich deutschen, aber auch türkischen Rassisten angepöbelt. „Diese Reaktionen unterstreichen, wie wichtig es auch während der Corona-Krise bleibt, die Missstände, die das herrschende System hervorruft, zu benennen und sich nicht nur solidarisch mit den Betroffenen zu zeigen, sondern gemeinsam in die Offensive zu kommen", kommentierte eine Vertreterin von NAV-DEM.