Ezidischer Frauenrat: Kein zweites Şengal

Der Dachverband des Ezidischen Frauenrats e.V. verurteilt die Angriffe der Türkei auf Şengal und fordert, den Besatzungskrieg der Türkei gegen Südkurdistan und Nord- und Ostsyrien sofort stoppen.

Der Dachverband des Ezidischen Frauenrats e.V. verurteilt in einer schriftlichen Erklärung die Angriffe der Türkei auf Şengal und Rojava aufs Schärfste und fordert die sofortige Einrichtung einer Flugverbotszone über Şengal und Nordostsyrien und ein Ende der Invasion der Türkei. Weiter heißt es in der Erklärung:

Am 5. November ist die Umgebung von Barê in der südkurdischen Region Shengal drei Mal von der türkischen Luftwaffe bombardiert worden. Es ist der zweite Luftangriff innerhalb von zwei Tagen. Informationen zufolge sind insgesamt drei Menschen verletzt worden. Wir verurteilen den Angriff auf Shengal und Rojava aufs Schärfste und fordern die sofortige Einrichtung einer flugfreien Zone über Shengal und Nordostsyrien und das Beenden der Invasion der Türkei.

Shengal ist das traditionelle Hauptsiedlungsgebiet der Eziden. Der „Islamische Staat“ verübte am 3. August 2014 einen Feminizid und Genozid in Shengal. Über 6.500 Frauen und Mädchen wurden verschleppt, vergewaltigt und versklavt. Noch heute wird etwa die Hälfte der Frauen und Kinder vermisst. Die meisten Männer wurden ermordet, die Jungen als Kindersoldaten und Selbstmordattentäter missbraucht. Mehr als 10.000 Menschen wurden ermordet und in Massengräber geworfen. Im Shengal-Gebiet wurden bisher mehr als 70 Massengräber entdeckt. Mehrere Hunderttausende EzidInnen konnten von den Verteidigungseinheiten YPJ und YPG und der Syrischen demokratischen Kräften (SDF) aus den Fängen des IS befreit werden.

Seit dem 9. Oktober führt die türkische Armee, unterstützt durch dschihadistischen Milizen, einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Bevölkerung der demokratischen Föderation in Nord-und Ostsyrien. Nach den Angriffen auf Shengal 2014, Kobane 2015, auf Afrin 2018 und ein Flüchtlingscamp in Mexmur 2018, führt die Türkei nun seit mehr als drei Wochen Krieg auf syrischem Boden. Hierbei wurden mehr als 270 Zivilisten, darunter viele Kinder und Frauen, getötet.

Unter der Bezeichnung „Krieg gegen Terroristen“ und zur Errichtung einer sogenannten „Sicherheitszone“ werden aus der Luft und vom Boden aus zivile Siedlungsgebiete wie Wohnhäuser, Krankenhäuser und Schulen beschossen, es gibt Plünderungen, Massenvertreibungen und Hinrichtungen. Wichtige Strom- und Wasserversorgungen wurden unterbrochen. Es ist kein Zufall das Shengal zeitgleich wie in Rojava aus der Luft bombardiert wird. Hunderttausende Menschen, die sich in den letzten sieben Jahren, trotz anhaltender kriegerischer Auseinandersetzungen eine demokratische und stabile Gesellschaft aufgebaut haben, sind jetzt wieder auf der Flucht.

Mit Worten allein kann die Türkei und der IS nicht gestoppt werden!

Erst im März dieses Jahres schafften es die Demokratischen Kräfte Syriens (QSD), unterstützt durch die internationale Anti-IS Koalition, die letzten Gebiete Nordsyriens vom Islamischen Staat zu befreien. Jedoch konnten mehrere Hundert der inhaftierten IS-Kämpfer durch Unterstützung der türkischen Regierung während des Krieges in den letzten zwei Wochen fliehen und stellen weiterhin eine große Gefahr für die gesamte Menschheit, insbesondere uns Frauen, dar.

Daher fordern wir als der Dachverband des Ezidischen Frauenrats e.V., die größte Interessenvertretung der Ezidinnen in Deutschland die Einrichtung einer flugfreien Zone über Shengal und Nordostsyrien, die sofortige Beendigung des Feminizids und Genozids in Sḩengal und Nordostsyrien sowie die strafrechtliche Verfolgung der Täter, Anstifter, Beihelfer und Unterstützer des Genozids/Feminizids, national und international, insbesondere der Türkei und des IS.