Vor einer Woche sind 15 Mitglieder einer internationalistischen Jugenddelegation aus Deutschland, Frankreich und Italien in der Türkei festgenommen worden. Nach drei Tagen in Polizeigewahrsam wurden sie des Landes verwiesen und in ihre Herkunftsländer abgeschoben. Fünf Betroffene aus Italien haben sich am Mittwoch in Turin gegenüber Journalist:innen zu ihrer Delegationsreise und der erfahrenen Repression geäußert. An dem Pressegespräch nahm auch ihr Rechtsanwalt Gianluca Vitale teil. Vitale ist einer von 350 Anwält:innen aus 22 verschiedenen Ländern, die vor einem Jahr bei den türkischen Behörden eine Genehmigung für einen Besuch auf der Gefängnisinsel Imrali bei Abdullah Öcalan beantragt haben.
Die Delegationsmitglieder, die auf Einladung des YSP-Jugendrats in die Türkei gereist waren und am Wochenende am Kongress der Oppositionspartei in Ankara teilnehmen wollten, erzählten von ihren Erlebnissen in der Türkei und Kurdistan und beschrieben insbesondere die Stärke der kurdischen Bewegung. Lucia, eine junge Frau, die an der Delegation teilnahm, beschrieb, wie beeindruckt sie von der kurdischen Gesellschaft war: „Wir haben die Stärke eines Volkes gesehen, das nie aufhört, demokratische Strukturen aufzubauen, obwohl es mit einem Staat konfrontiert ist, der ständig versucht, sie zu zerstören. Diese Menschen sind unaufhaltsam.“ Ein anderer Teilnehmer verurteilte in diesem Zusammenhang auch die anhaltenden Angriffe des türkischen Staates auf die Autonomieregion Nord- und Ostsyrien.
Die jungen Aktivist:innen aus Italien schilderten ihren Aufenthalt in einer türkischen Polizeistation nach ihren Festnahmen und berichteten von der Gewalt und Übergriffen, denen sie ausgesetzt waren. Eine der Frauen sagte: „Sie haben verschiedene Arten von Gewalt gegen uns angewandt, physische, aber auch psychische Gewalt. Bei den Verhören gaben sie sich einmal als Psychologen aus, waren aber Polizisten. Sie sagten, dass sie unsere geistige Gesundheit untersuchen wollten, aber in Wirklichkeit war es ein Verhör und sie versuchten, Informationen über uns zu bekommen.“
Auf Nachfragen der anwesenden Journalist:innen über die erlittene Gewalt sagte eine der Delegierten, das Schlimmste sei für sie gewesen, zu sehen, wie ihre Freundinnen bei den wiederholten Leibesvisitationen misshandelt und verprügelt wurden. Die Delegationsteilnehmer:innen betonten jedoch, dass das, was ihnen widerfahren ist, nur ein Bruchteil dessen sei, was kurdische Menschen, Journalist:innen und politische Aktivist:innen in der Türkei tagtäglich erleiden müssten.
Der Delegationsteilnehmer Luigi sagte, dass in dem Abschiebezentrum eine europäische und eine türkische Flagge nebeneinander wehten und ein Schild mit der Aufschrift „Finanziert von der Europäischen Union" angebracht war. Die jungen Aktivist:innen erklärten, ihr Engagement entschlossen fortzusetzen, um den Faschismus und die Gewalt des türkischen Staates in Italien bekannt zu machen.
Rechtsanwalt Gianluca Vitale ergänzte, der internationale Druck aus Italien, Frankreich und Deutschland sei sehr wichtig für die Freilassung der Delegationsmitglieder gewesen.