Der Istanbuler Oberbürgermeister Ekrem Imamoğlu ist wegen Beleidigung von Mitgliedern des türkischen Wahlausschusses zu zwei Jahren, sieben Monaten und 15 Tagen Freiheitsstrafe verurteilt worden, dem CHP-Politiker droht ein politisches Betätigungsverbot.
Hintergrund des Verfahrens sind die Bürgermeisterwahlen in Istanbul, die Imamoğlu im März 2019 gegen den AKP-Kandidaten Binali Yildirim gewonnen hatte. Das Wahlergebnis wurde auf Druck der türkischen Regierung annulliert und die Wahl drei Monate später wiederholt. Während Imamoğlu bei der ersten Wahl mit knapp 14.000 Stimmen vorne lag, hatte er im Juni sogar einen Vorsprung von etwa 800.000 Stimmen.
Nach der Annullierung der ersten Wahl hatte Imamoğlu den Vorgang bei einem Kongress des Europarats in Straßburg kritisiert. Daraufhin bezeichnete ihn der türkische Innenminister Süleyman Soylu bei einer Veranstaltung der Polizei in Ankara als Idioten. Als eine Fernsehjournalistin Imamoğlu vor laufender Kamera nach einer Stellungnahme dazu fragte, antwortete er, die Idioten seien diejenigen, die den Urnengang annulliert hätten.
Das Urteil gegen Ekrem Imamoğlu ist noch nicht rechtskräftig. Sollte als höchste Instanz das Kassationsgericht die Verurteilung bestätigen, wird der CHP-Politiker von seinem Amt als Bürgermeister abgesetzt und darf bei keinen Wahlen mehr kandidieren. In der Türkei finden 2023 Parlaments- und Präsidentschaftswahlen statt.
Pervin Buldan, Ko-Vorsitzende der zweitgrößten Oppositionspartei HDP, hat das Urteil gegen Imamoğlu verurteilt. „Es ist kein juristisches Urteil, sondern ein politisches“, erklärte Buldan über Twitter.